Die Chip-Industrie in Vietnam erlebt einen Boom, der das Land langfristig als das neue Taiwan positionieren könnte, so Dr. Stefan Laser, Sozialwissenschaftler an der Ruhr-Universität Bochum. Diese Entwicklung weckt Interesse des Westens, da Vietnam politisch stabil ist und geografisch strategisch günstig am Meer liegt. Trotz des nach außen verkündeten Erfolges bringt die Chip-Industrie in Vietnam einige Widersprüche mit sich, wie Laser in seiner Forschung aufzeigt. Unter anderem bestehen Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit und Umweltstandards.
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht diese Herausforderungen: Als US-Präsident Joe Biden 2023 Vietnam besuchte, um eine Partnerschaft anzukündigen, plante das Unternehmen Intel den Bau eines zweiten Werks in Vietnam, doch zog die Entscheidung später zurück. Medienberichten zufolge lag dies an der mangelnden Energiesicherheit im Land. Obwohl Vietnam sich Ziele zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien gesetzt hat, fehle es laut Laser an ausreichender Netzstabilität.
Neben der Energiesicherheit gibt es auch Kontroversen im Hinblick auf die Ausbildung von Fachkräften. Vietnam plant die Ausbildung von 50.000 Ingenieuren, um an der Spitze der Wertschöpfungskette mitzuwirken, beispielsweise im Chip-Design. Doch es gibt Bedenken, dass diese Fachkräfte das Land möglicherweise verlassen und beispielsweise nach Taiwan oder Südkorea abwandern könnten, was als „brain drain“ bezeichnet wird.
Um diese Kontroversen zu erforschen, betreibt Stefan Laser intensive Feldforschung in Vietnam. Er analysiert Medienberichte, spricht mit Journalisten, besucht Industriemessen und beobachtet Gesetzesänderungen, die die Bedingungen für die Chip-Industrie beeinflussen. Laser berichtet von einem interessanten Ökosystem rund um die Chip-Fabriken in Vietnam, das er auf seiner Forschungsreise entdeckt hat.