Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und die damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen haben zu einem signifikanten Anstieg der Auswanderung aus Russland geführt. Millionen von Russen suchten Zuflucht im Ausland, und viele von ihnen stehen nun vor der Herausforderung, ihr Leben neu zu gestalten.

Arseny, ein junger IT-Arbeiter aus Moskau, verließ Russland im September 2022, als Präsident Putin die Teilmobilisierung ankündigte. Er erinnert sich an die Panik und die langen Warteschlangen an der Grenze zu Georgien, wo viele Menschen ihre Autos verkauften, um schnell zu fliehen. Arseny verbrachte mehr als ein Jahr in Yerevan, bevor er im Dezember 2023 nach Russland zurückkehrte. Schätzungen zufolge haben etwa zwei Millionen Menschen Russland nach der Invasion der Ukraine im Jahr 2022 verlassen, wobei die meisten Rückkehrer Schwierigkeiten hatten, sich im Ausland ein neues Leben aufzubauen oder gewohnte Annehmlichkeiten zu vermissen. Die Menschenrechtsanwältin Anastasia Burakova berichtet, dass ihre Organisation rechtliche, psychologische Hilfe sowie Sprachkurse für russische Migranten anbietet. Sie schätzt, dass seit Beginn des Konflikts etwa eine Million Menschen im Ausland geblieben sind.

Wellen der Migration

Die Migration aus Russland verlaufte in zwei großen Wellen. Die erste Welle nach Kriegsbeginn umfasste hauptsächlich politisch verfolgte Personen, während die zweite Welle, die nach der Mobilisierungsankündigung kam, apolitischer war. Viele der Auswanderer sind gut ausgebildet und privilegiert, was es ihnen ermöglicht, im Homeoffice zu arbeiten. Artur, ein IT-Arbeiter aus St. Petersburg, floh kurz nach Kriegsbeginn am 24. Februar 2022. Er verfügte über ein offenes Schengen-Visum und konnte schnell in die EU reisen. Artur kehrte nach Russland zurück, um seine Ausreise vorzubereiten, und floh dann nach Belgrad, als die Mobilisierungsankündigung kam.

Die Erreichbarkeit der Zielländer und bestehende russischsprachige Gemeinschaften spielen eine entscheidende Rolle für die Entscheidung zur Auswanderung. Beliebte Zielländer für russische Migranten sind Georgien, Armenien, die Türkei und Zentralasien. Politische Positionen dieser Länder gegenüber Russland variieren, was zusätzliche Unsicherheiten für Exilanten mit sich bringt. In Ländern wie Georgien und Serbien ist die Situation für russische Exilanten oft angespannt. Zudem besitzen viele Russen nicht beide Reisepässe, was die Ausreise zusätzlich einschränkt.

Ängste und Lebensrealitäten

Der Wunsch, der Einberufung zu entgehen, ist ein wesentlicher Antrieb für die Migration, ergänzt durch politische Opposition, Angst vor Repressionen und negative Lebensperspektiven. In den Zielländern könnten die Anwesenheit der Migranten sowie deren Erfahrungen zu dauerhaften Veränderungen in den Gesellschaften führen. Bei der Rückkehr nach Russland stellten Artur und Arseny fest, dass viele ihrer Landsleute müde vom Krieg sind und dass die öffentliche Unterstützung für den Konflikt nachgelassen hat.

Arturs Rückkehr war jedoch von Herausforderungen geprägt. In Belgrad hatte er Schwierigkeiten mit den hohen Lebenshaltungskosten und vermisste seine Freunde und Familie in Russland. Auch Arseny erlebte Schwierigkeiten, nachdem er in Serbien seinen Job verlor und letztendlich zurückkehren musste. Die russische Wirtschaft erwies sich als stabiler als zunächst angenommen, und Artur bemerkte, dass das Risiko von Repressionen für nicht-öffentliche Personen gering sei.

Ein Blick in die Zukunft

Die geopolitischen Spannungen und der Krieg haben die Migrationsbewegungen in Russland nachhaltig verändert. Russlands Migrationspolitik könnte angesichts der Lage und der hohen Zahl der Auswanderer vor einem Wendepunkt stehen. Bei der Betrachtung der Migrationsströme ist zudem zu bedenken, dass Russland zu den bedeutendsten Einwanderungsländern der Welt gehört, mit mehr als elf Millionen zugewanderten Menschen, zumeist aus ehemaligen Sowjetrepubliken.

Die Entwicklungen in der aktuellen Migrationssituation in Russland und die Erfahrungen der zurückgekehrten oder ausgereisten Personen sind Teil eines größeren gesellschaftlichen Wandels, der in den kommenden Jahren wahrscheinlich weitere Veränderungen mit sich bringen wird.

Für umfassendere Informationen über die Situation der Migranten aus Russland und die politischen Rahmenbedingungen sind unter anderem die Berichte von Al Jazeera, ZOiS und BPB von Bedeutung.