Fleiß und Einsatz wurden traditionell als deutsche Tugenden angesehen. Jedoch wird einflussreichen US-Medien zufolge die Arbeitsmoral der Deutschen zunehmend infrage gestellt. Ein Artikel des renommierten Finanzdienstes „Bloomberg“ von Chris Bryant stellt die Frage, ob die Deutschen ihre berühmte Arbeitsethik vernachlässigt haben. Diese Debatte wird durch Statistiken befeuert, die zeigen, dass die Deutschen im erwerbstätigen Alter im Durchschnitt nur 1031 Stunden pro Jahr arbeiten, während in anderen Industrieländern mehr gearbeitet wird. Beispielsweise liegen die Griechen und Amerikaner mit respektive 1145 und 1291 Stunden vor den Deutschen.
Eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergab zudem, dass deutsche Arbeitnehmer im Durchschnitt 15 Krankentage pro Jahr haben. Diese hohe Zahl von Krankheitstagen stellt die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in Frage. Die Diskussion dreht sich auch um den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel, die bereits jetzt die Wirtschaft vor Herausforderungen stellen.
Trotz der vorgebrachten Faulpelz-These zeigt sich ein differenziertes Bild. Ältere Arbeitnehmer zwischen 59 und 64 Jahren haben einen hoher Krankenstand im Vergleich zum Durchschnitt. Deutsche Frauen arbeiten im internationalen Vergleich vermehrt in Teilzeit aufgrund von Kinderbetreuungsverpflichtungen, was die durchschnittliche Arbeitszeit senkt. Experten sehen hier Potenzial, mehr Frauen in Vollzeitbeschäftigung zu bringen, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Der Artikel schlägt Maßnahmen vor, um die Produktivität zu steigern, darunter den Ausbau der Kinderbetreuung, die Unterstützung von Vollzeitbeschäftigung für Frauen und die Integration von Rentnern in den Arbeitsmarkt. Auch die Senkung der Steuern für Überstunden wird als möglicher Anreiz genannt. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass strukturelle Veränderungen im Steuersystem erforderlich sind, um Anreize für zusätzliche Arbeit zu schaffen und so die Produktivität zu steigern.