Brüssel hat die Entwicklung eines neuen Plans zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union vorgestellt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte den „Wettbewerbsfähigkeitskompass“ an, der die strategische Ausrichtung der EU für die nächsten fünf Jahre festlegen soll. Besonders im Fokus steht der Abbau von Bürokratie, das als eines der Kernprojekte hervorgehoben wird. Der Plan sieht zudem die Förderung von Schlüsseltechnologien vor und strebt an, eine Schutzmauer aus Zöllen und anderen wirtschaftlichen Instrumenten um die heimische Industrie zu errichten. Dies berichten unter anderem die FAZ.
Trotz dieser ambitionierten Ziele bleibt die Substanz des Kompasses und die Ernsthaftigkeit der angekündigten Maßnahmen fraglich. Kritiker äußern Bedenken, dass die geplanten Erleichterungen zu begrenzt sind und dass die Kommission sich stärker zu einem echten Bürokratieabbau bekennen sollte, besonders im Kontext des Green Deals. Außerdem stellt Finanzmarktkommissarin Albuquerque klar, dass die EU keinen Wettlauf um niedrigere Standards anstrebe.
Bürokratieabbau als Priorität
Die Einschätzung der deutschen Industrie ist unmissverständlich. Laut dem DIHK-Unternehmensbarometer zur EU-Wahl 2024 sehen 95 Prozent der befragten Unternehmen Bürokratie als Hemmnis für die deutsche Wirtschaft. Der DIHK definiert den Bürokratieabbau als eine Hauptpriorität zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa. Volker Treier, der Außenwirtschaftschef des DIHK, betont die Notwendigkeit konkreter Taten und nicht nur Ankündigungen. Dies wird unterstützt von Kirsten Schoder-Steinmüller, Vizepräsidentin des DIHK, die die Belastungen durch umfangreiche Berichtspflichten kritisiert. Die Bürokratie koste Unternehmen wertvolle Ressourcen, die anderweitig in Investitionen oder Innovationen investiert werden könnten, wie auf der Webseite des DIHK hervorgehoben wird.
Die EU-Kommission hat bereits eine Initiative gestartet, um bestehende Berichtspflichten abzubauen, sieht sich jedoch der Herausforderung gegenüber, dass neue Pflichten hinzukommen. Daher fordert der DIHK einen neuen Ansatz, der die Effizienz und Vereinfachung in der Rechtsetzung zum Ziel hat.
Internationale Wettbewerbsfähigkeit im Fokus
Der grundlegende Handlungsbedarf ergibt sich auch aus der globalen Wirtschaftslage. Die EU hat im internationalen Wettbewerb mit den USA und China an Boden verloren und muss ihr Wirtschaftsmodell grundlegend neu ausrichten. Der Wettbewerbskompass, der auf einem Bericht von Ex-EZB-Präsident Mario Draghi basiert, zeigt auf, dass der Abbau von Abhängigkeiten, insbesondere in Schlüsseltechnologien wie Mikrochips und für die Dekarbonisierung, unabdingbar ist. Die ZDF berichtet, dass die EU auch plant, den Kapitalmarkt auszubauen, um privates Kapital in Startups zu lenken.
Wie die EU ihre öffentlichen Ausschreibungsverfahren organisiert, steht ebenfalls auf der Agenda. Der Ansatz des „Buy European“ soll dem heimischen Markt zugutekommen, könnte allerdings gegen die Regeln der Welthandelsorganisation verstoßen. Während die energieintensiven Industrien unter den hohen Energiepreisen in Europa leiden, sehen sich Automobil- und Maschinenbauunternehmen stark durch den internationalen Wettbewerb, insbesondere aus den USA, bedroht.
Der Green Deal, einst als zentrales Projekt betrachtet, hat in der politischen Priorität allerdings an Bedeutung verloren. Kritiker warnen, dass die ambitionierten Pläne zur Klimaneutralität die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gefährden könnten, da diese als kosten- und zeitintensiv wahrgenommen werden. Der neue Ansatz muss demnach nicht nur Veränderungen in der Bürokratie mit sich bringen, sondern auch klare Strategien für Schulungen in Zukunftsbranchen wie Künstliche Intelligenz und Dekarbonisierung bereitstellen.