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Diskussion um Bürgergeld: Hemmt es den Anreiz zur Arbeit in Dessau?

Das Bürgergeld sorgt in Dessau für heftige Debatten unter Unternehmern wie Kreishandwerksmeister Karl Krökel und Friseurmeister Oliver Heinicke, da viele befürchten, dass die großzügigen Sozialleistungen die Motivation zur Aufnahme von Arbeit verringern und den bereits bestehenden Fachkräftemangel weiter verschärfen könnten.

Dessau/MZ. – Die Einführung des Bürgergeldes hat in Dessau-Roßlau eine intensive Debatte über die Anreize zur Arbeitsaufnahme und die Rolle von Sozialleistungen ausgelöst. Der Kreishandwerksmeister Karl Krökel hat sich entschieden gegen das Bürgergeld ausgesprochen und fordert mehr Motivation für Beschäftigte, um in den Arbeitsmarkt zurückzukehren.

Unternehmen reagieren besorgt auf Fachkräftemangel

Die Ängste um die Auswirkungen des Bürgergeldes auf den Arbeitsmarkt sind unter Dessauer Unternehmen spürbar. Führungskräfte, die anonym bleiben möchten, warnen, dass das Bürgergeld dazu führt, dass weniger Menschen bereit sind, Jobs im Niedriglohnbereich anzunehmen. „Gerade in der Reinigungsbranche haben wir festgestellt, dass die Motivation, weniger zu arbeiten, durch das Bürgergeld zugenommen hat“, berichtet ein leitender Angestellter. Obwohl die Löhne über dem Bürgergeld liegen, gestaltet sich die Rekrutierung neuer Mitarbeiter zunehmend schwierig.

Bürgergeld alsleichter Wettbewerbsvorteil

Besonders in der Dienstleistungsbranche sieht man das Bürgergeld kritisch. Ein Insider aus der Personalabteilung eines großen Dessauer Unternehmens äußert sich besorgt über den Fachkräftemangel. „Wenn die Löhne nur geringfügig über dem Bürgergeld liegen, wird es für uns schwieriger, talentierte Mitarbeiter zu gewinnen“, erklärt er. Die Unsichtbarkeit der Auswirkungen des Bürgergeldes auf Kündigungen erschwert es, klare Daten zu erhalten. „Das gesteht einem ja keiner direkt“, fügt er hinzu.

Rasante Gehaltsanpassungen gefordert

Der Friseurmeister Oliver Heinicke ist einer der wenigen Arbeitgeber, die offen über die Herausforderungen sprechen. Er stellt fest, dass nicht das Bürgergeld, sondern der öffentliche Sektor durch finanzielle Anreize wie Prämien für Neueinstellungen im Rückstand ist. „Die Verwaltung, Polizei, Zoll und Bundeswehr nehmen unseren Mitarbeitern die besten Fachkräfte weg“, sagt Heinicke. Um auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, muss er hohe Löhne zahlen: „Ich zahle meinen Angestellten zwischen 17,40 und 19,40 Euro pro Stunde. Damit ist das Bürgergeld kein Thema mehr.“

Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen

Das Thema Fachkräftemangel wird auch von der Industrie- und Handelskammer kritisch betrachtet. Laut Hendrik Senkbeil haben 82 Prozent der Unternehmen im IHK-Bezirk Halle-Dessau Schwierigkeiten, offene Stellen innerhalb von zwei Monaten zu besetzen. Besonders in den unteren Lohngruppen, wo das Bürgergeld oft dem Nettogehalt entspricht, zeigt sich ein merklicher Rückgang an Bewerbungen. „Die Lohnersatzleistungen sind mittlerweile eine ernsthafte Konkurrenz. Das mindert den Anreiz, eine Arbeit anzunehmen“, erklärt Senkbeil und weist darauf hin, dass in der Region etwa 30.000 Bürgergeldempfänger auf Unterstützung angewiesen sind.

Zukunft der Beschäftigung in Dessau-Roßlau

Die anhaltende Diskussion um das Bürgergeld und dessen Einfluss auf den Arbeitsmarkt wird in Dessau wohl noch eine Weile andauern. Unabhängig von den verschiedenen Meinungen lässt sich festhalten, dass die wirtschaftliche Entwicklung der Region eng mit den Anreizen und den Rahmenbedingungen für die Beschäftigung verknüpft ist. Ob das Bürgergeld letztlich förderlich oder hinderlich für die Integration in den Arbeitsmarkt ist, bleibt abzuwarten. Die Unternehmer sind sich jedoch sicher, dass Handlungsbedarf besteht, um den Anschluss an den Arbeitsmarkt nicht zu verlieren.