Wirtschaft

Deutschland: Geringe Arbeitszeit trotz hoher Erwerbstätigenquote

Sind die Deutschen wirklich arbeitsscheu? Neue Erkenntnisse zur Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung

Die Diskussion über die Arbeitsmoral der Deutschen wirft die Frage auf, ob sie tatsächlich arbeitsscheu sind. Eine Betrachtung der geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen zeigt, dass der Grad der Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials in Deutschland unterdurchschnittlich ist. Dies ist besonders relevant in Anbetracht der Verknappung des Arbeitskräfteangebots im Zuge des demografischen Wandels. Eine mögliche Lösung wäre die Verlängerung der Arbeitszeit, da eine ausreichende Intensivierung der Zuwanderung und Erhöhung der Erwerbsbeteiligung nicht schnell genug umsetzbar sein könnte.

Es ist problematisch, die Arbeitszeit in Deutschland mit anderen Ländern zu vergleichen, da die Datenerhebung auf unterschiedlichen statistischen Konzepten beruht. Die jährliche Arbeitszeit pro Erwerbstätigen berücksichtigt nicht den Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung. Eine hohe Erwerbstätigenquote in Deutschland von knapp 77 Prozent, im Vergleich zum OECD-Durchschnitt von 69 Prozent, führt zu einer niedrigeren durchschnittlichen Pro-Kopf-Arbeitszeit. Dies zeigt sich in der Berechnung der geleisteten Arbeitsstunden je Einwohner im Erwerbsalter, die in Deutschland im Vergleich zu anderen OECD-Ländern niedrig ist.

Daniel Wom Webdesign

Trotz der hohen Erwerbstätigenquote in Deutschland wird relativ wenig gearbeitet. Im Vergleich zu Ländern wie Frankreich, wo Erwerbstätige mehr Stunden arbeiten, zeigt sich, dass das Arbeitskräftepotenzial in Deutschland nur geringfügig besser ausgeschöpft wird. Eine längere Arbeitszeit könnte dazu beitragen, demografische Effekte zu kompensieren. Wenn in Deutschland genauso viel gearbeitet würde wie in Neuseeland, könnte das Arbeitsvolumen um rund 30 Prozent höher liegen. Es scheint, dass die Stellschraube eher bei einer längeren Arbeitszeit als bei der Erwerbstätigenquote liegen sollte, um das Arbeitskräftepotenzial in Deutschland besser auszuschöpfen.

Lebt in Berlin und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"