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Scholz‘ Besuch in Moldau: Unterstützung in Zeiten politischer Unsicherheiten

Olaf Scholz sichert der proeuropäischen Präsidentin Maia Sandu während seines besuches in Chisinau am 21. August 2024 Unterstützung für die Republik Moldau zu und betont die fortwährende Hilfe für die Ukraine, um ein Zeichen gegen russische Bedrohungen zu setzen.

Vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen hat Olaf Scholz kürzlich die Republik Moldau besucht, um seine Unterstützung für die proeuropäische Regierung unter Präsidentin Maia Sandu zu bekräftigen. Scholz‘ Ankunft in Chisinau markiert den ersten Besuch eines deutschen Kanzlers seit Angela Merkels historischer Reise im Jahr 2012. Damals stand die Moldau noch stärker im Schatten ihrer Nachbarn, während sie heute auf der Liste der EU-Beitrittskandidaten steht.

Die Umstände, unter denen Scholz reist, sind jedoch beunruhigender als je zuvor. Die Republik Moldau sieht sich sowohl internen als auch externen Bedrohungen gegenüber, insbesondere von Russland. Besonders kritisch wird die Lage im abtrünnigen Gebiet Transnistrien wahrgenommen, wo prorussische Kräfte aktiv sind und die Gefahr eines möglichen Militärkonflikts besteht. Scholz nutzte seinen Besuch, um auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die moldauische Souveränität zu unterstützen und den Einfluss Moskaus zurückzudrängen, während er gleichzeitig die dringenden Themen der bevorstehenden Parlamentswahlen in Moldau ansprach.

Die Krise und die Vorwürfe gegen Scholz

Die politische Situation in Moldau ist angespannt, besonders angesichts der anstehenden Wahlen im Oktober 2024. Scholz betonte, wie wichtig es sei, die proeuropäische Regierung von Sandu zu unterstützen, um Kreml-nahen Kräften entgegenzuwirken, die versuchen, die Macht zu destabilisieren. Schätzungen zufolge hat Russland in diesem Jahr bereits Hunderte Millionen US-Dollar in Desinformationskampagnen investiert, um das Bild der aktuellen Regierung zu schädigen. Diese dynamische Kulisse macht Scholz‘ Reise besonders bedeutsam, denn sie sendet ein starkes Signal der Solidarität mit den proeuropäischen Kräften in der Region.

Wenige Wochen vor seinem Besuch ist die pro-russische SOR-Partei in Moldau verfassungswidrig erklärt worden, was den Einfluss Moskaus weiter schwächt. Doch Scholz steht unter Druck, seine Aussagen mit konkreten Taten zu untermauern. Vor dem Hintergrund von Diskussionen über Kürzungen bei der militärischen Unterstützung der Ukraine sieht sich der Kanzler teilweise einem Vertrauensverlust gegenüber. Bereits Medienberichten zufolge wird der Haushalt für die Ukraine-Hilfen ab 2025 um fast die Hälfte reduziert. Dabei bleibt die Frage im Raum, wie diese Entscheidungen das Vertrauen in Deutschlands Rolle als führender Unterstützer der Ukraine beeinflussen.

Internationale Verantwortung und die Rolle Deutschlands

Während Scholz die Vorwürfe über die Kürzungen zurückwies, erklärte er, dass Deutschland die Ukraine so lange unterstützen werde, wie es notwendig sei. Er wies darauf hin, dass Deutschland nach den USA der größte Unterstützer der Ukraine sei und stellte eine neuartige finanzielle Unterstützung vor, die auf den Erträgen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen basieren soll. Scholz unterstrich die Verpflichtung Deutschlands, nicht nur die Ukraine, sondern auch Länder wie Moldau in ihrer Bestrebung nach Stabilität und Sicherheit zu unterstützen.

Der Besuch in Moldau verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen Scholz und die deutsche Regierung stehen. Während die Erwartungen an Deutschland in der Region steigen, ist auch die internationale Verantwortung, die Deutschland trägt, nicht zu unterschätzen. Die kleinen, aber wichtigen Schritte, die Scholz unternimmt, könnten dabei entscheidend sein für die zukünftige Sicherheit nicht nur Moldaus, sondern auch der ganzen Region. Moldau, eines der ärmsten Länder Europas mit nur 2,5 Millionen Einwohnern, hat in den letzten Jahren mehr ukrainische Flüchtlinge aufgenommen als jeder andere europäische Staat. Das zeigt die humanitäre Dimension der aktuellen Krise und die Notwendigkeit einer koordinierten Unterstützung.

Scholz‘ Zusage, die Moldau zu unterstützen, stellt einen klaren Appell an die internationale Gemeinschaft dar, sich nicht nur auf die Ukraine zu konzentrieren, sondern auch die angrenzenden Länder, die durch den Konflikt beeinträchtigt werden, in den Blick zu nehmen. Der Kanzler wurde aufgerufen, ein starkes Signal der Unterstützung zu senden und zu verdeutlichen, dass Deutschland bereit ist, seinen Teil zur Stabilität der Region beizutragen.

Das Verhältnis zwischen Moldau und Russland ist angespannt, insbesondere durch die anhaltenden Konflikte in der Region. Moldau hat sich stark in Richtung Europäische Union orientiert, was bei der russischen Regierung auf Widerstand stößt. Historisch gesehen gab es bereits Phasen, in denen Moldau zwischen dem Westen und Russland hin- und hergerissen war. Das Land erklärte 1991 seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion und suchte nach westlicher Unterstützung, während es gleichzeitig mit dem Einfluss Moskaus zu kämpfen hatte. Diese Dynamik wird durch die anhaltende Präsenz von prorussischen Separatisten in der Transnistrien-Region verschärft, die 1990 einen eigenen Staat ausrief, dessen internationale Anerkennung jedoch weitgehend ausbleibt.

Die geopolitischen Spannungen nehmen vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise zu. Russland hat in den letzten Jahren die militärische Präsenz in der Region verstärkt, was sowohl Moldau als auch anderen Nachbarländern Sorge bereitet. Der Konflikt in der Ukraine hat viele EU-Staaten veranlasst, ihren Kurs im Hinblick auf militärische und wirtschaftliche Unterstützung für die Nachbarländer zu überdenken. Scholzs Besuch in Moldau ist daher nicht nur ein Zeichen der Solidarität, sondern auch ein strategischer Schritt, um das proeuropäische Regime in Chisinau zu stärken und Einfluss von Moskau zu begrenzen.

Aktuelle wirtschaftliche Situation Moldaus

Moldau zählt zu den ärmsten Ländern Europas und hat mit wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen, die durch die geopolitischen Spannungen und die COVID-19-Pandemie noch verstärkt wurden. Im Jahr 2023 betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) rund 12,4 Milliarden US-Dollar. Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit etwa 22 % eine der höchsten in Europa, und viele junge Moldauer suchen Arbeit im Ausland, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Diese Abwanderung hat negative Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes, da sie zu einem Brain Drain führt.

Darüber hinaus hat Moldau im nächsten Jahr die Herausforderung, sich auf mögliche EU-Anforderungen vorzubereiten, da es offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten hat. Diese Bestrebungen erfordern erhebliche wirtschaftliche Reformen, um die Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und wirtschaftliche Stabilität zu verbessern. Ein positives wirtschaftliches Umfeld könnte langfristig zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung beitragen und die Abwanderung junger Menschen bremsen.

Moldau und die Flüchtlingssituation

Die aktuelle Flüchtlingskrise hat Moldau stark getroffen. Mit einer Bevölkerung von nur etwa 2,5 Millionen hat das Land seit Ausbruch des Konflikts in der Ukraine im Jahr 2022 schätzungsweise 700.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, was im Verhältnis zur Bevölkerung eine der höchsten Aufnahmequoten in Europa darstellt. Dies stellt die humanitären Kapazitäten und die soziale Infrastruktur des Landes auf eine harte Probe.

Die Unterstützung für diese Flüchtlinge und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen zur Integration sind von entscheidender Bedeutung. Die moldauische Regierung hat internationale Hilfe in Anspruch genommen, um die sozialen Dienste und Infrastrukturen zu stärken. Internationale Organisationen wie das UNHCR und das Internationale Rote Kreuz sind aktiv im Land, um humanitäre Hilfe zu leisten und die lokalen Kapazitäten zu unterstützen. Scholz‘ Besuch könnte auch auf eine engere Zusammenarbeit Deutschlands mit Moldau in diesem Bereich hinweisen, um die Herausforderungen der Flüchtlingsunterbringung und -integration weiter anzugehen.

Lebt in Stuttgart und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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