Am 5. November 2024 fanden die Präsidentschaftswahlen in den USA statt, und die Verzögerungen zwischen Wahl und Amtseinführung, die nun elf Wochen betragen, stammen aus historischen Gründen. Die kommende Amtseinführung ist für den 20. Januar 2025 vorgesehen, was durch den 20. Zusatzartikel zur US-Verfassung abgedeckt ist. Historiker Michael Berkman beschreibt diesen Zeitrahmen als ein „historisches Artefakt“.
Bis zur Verabschiedung des 20. Zusatzartikels im Jahr 1933 traten neue Präsidenten traditionell im März ihr Amt an. Diese Verschiebung war notwendig, um während der Weltwirtschaftskrise, die zu einer Arbeitslosigkeit von 25% führte, Chaos und Instabilität zu verhindern. Vor der Ratifikation des Zusatzartikels gab es logistische Herausforderungen, die eine Verschiebung des Amtsantritts auf den 20. Januar erforderlich machten. Die Reisen nach Washington D.C. waren damals zeitaufwändig, was die Regelungen im Dezember 2024 besonders relevant macht.
Der Prozess der Wahlauszählung
In den USA sind 50 Bundesstaaten für die Wahl und die Auszählung zuständig, was zu einer Vielzahl unterschiedlicher Regelungen führt. Nach der Wahl beginnen die Bundesstaaten mit der Zertifizierung der Wahlergebnisse, die vom Gouverneur bestätigt werden müssen. Beispiele für Streitfälle sind die Wahlen von 2000 und 2020, bei denen die Auszählung und deren Ergebnisse umstritten waren.
Wichtig zu beachten ist, dass Präsidenten nicht direkt vom Volk gewählt werden, sondern durch Wahlleute des sogenannten Electoral College. Ein Kandidat benötigt mindestens 270 von insgesamt 538 Wahlleuten, um zu gewinnen. Diese Wahlleute treffen sich Mitte Dezember zur Stimmabgabe, und der Kongress zählt am 6. Januar die Delegiertenstimmen. Die Sitzungen des Kongresses im Januar, manchmal als „Lame-Duck“-Periode bezeichnet, sind eine Zeit, in der der scheidende Präsident oft kaum größere Projekte anstoßen kann.
Die Bedeutung des 20. Zusatzartikels
Der 20. Zusatzartikel, auch bekannt als Lame Duck Amendment, regelt die Amtszeiten der Präsidenten und die Nachfolge im Falle des Ablebens eines gewählten Präsidenten. Der Artikel trat offiziell am 15. Oktober nach seiner Ratifikation in Kraft, die am 23. Januar 1933 durch die Zustimmung von 36 von 48 Bundesstaaten abgeschlossen wurde. Diese Änderung zielte darauf ab, die Zeit zwischen Wahl und Amtsbeginn zu verkürzen, insbesondere nachdem die logistischen Herausforderungen des 19. Jahrhunderts nicht mehr relevant waren.
Die Gründungsväter der US-Verfassung, darunter Benjamin Franklin, George Washington und Alexander Hamilton, hatten ursprünglich strenge Regeln für die Wahlberechtigung aufgestellt. Nur weiße, protestantische Männer aus der Mittel- und Oberschicht mit Grundbesitz durften wählen. Im Laufe der Jahrhunderte kam es jedoch zu zahlreichen Änderungen, die verschiedene Gruppen, einschließlich Frauen und früherer Sklaven, den Zugang zu den Wahlurnen ermöglichten. Die Entwicklung des Wahlrechts spiegelt auch gesellschaftliche Veränderungen und den Kampf um Bürgerrechte wider, die besonders im 20. Jahrhundert an Bedeutung gewannen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die langen Wartezeiten zwischen den Präsidentschaftswahlen und dem Amtsantritt nicht nur historisch bedingt sind, sondern auch durch ein komplexes System von Regeln und Vorschriften geprägt wurden, das in den letzten einhundert Jahren immer wieder überarbeitet wurde, um den demokratischen Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden.