Politik

Unter der niederländischen Flagge: Die ungewöhnliche Geschichte von Selfkant und Elten

Als Deutschland plötzlich orange wurde: Die unerwartete Geschichte von Selfkant und Elten

Heinrich Cremers aus Selfkant lebte 14 Jahre lang unbemerkt in einem anderen Land, obwohl er nie seinen Geburtsort verließ. Von 1949 bis 1963 war er Bewohner des Königreichs der Niederlande, als der westlichste Teil Deutschlands, einschließlich des nördlich gelegenen Elten, in das Nachbarland eingegliedert wurde. Die Annexion des Gebiets hatte ihre Besonderheiten. Die Bewohner behielten ihre deutschen Pässe mit dem Vermerk „Wird als Niederländer behandelt“, was auf den unklaren Status der Region hinweist.

Ursprünglich wollte die niederländische Regierung große Teile von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen annektieren, um die von Deutschland verursachten Kriegsschäden während der Besatzung der Niederlande zu kompensieren. Die USA und Großbritannien waren jedoch dagegen, da sie das Potenzial Westdeutschlands im beginnenden Kalten Krieg nutzen wollten. Der Machtwechsel beeinflusste die Verhandlungen zwischen Den Haag und Bonn erheblich und führte letztendlich zur Rückgabe des Selfkant und Elten an Deutschland im Jahr 1963.

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Während der Zeit der Annexion erlebten die beiden Orte überraschenden wirtschaftlichen Aufschwung. Der Eltenberg wurde plötzlich als zweithöchster Punkt des Königreichs der Niederlande angesehen, was Touristen anzog. Darüber hinaus lockten günstigere Lebensmittelpreise deutsche Besucher an. Trotz des unklaren Status und der anfänglichen Unentschlossenheit der Niederlande in Bezug auf die Annexion, konnten Selfkant und Elten von dieser kurzen Phase des „Fremdseins“ profitieren.

Nachdem die Verhandlungen entschieden waren und die Regionen zurückgegeben wurden, schauen Bewohner wie Heinrich Cremers mit gemischten Gefühlen auf diese besondere Periode. Für manche war es ein goldenes Jahrzehnt, das mit einem orangefarbenen Stich gekennzeichnet war, während andere lieber in den Niederlanden geblieben wären. Die Errungenschaften dieser Zeit sind jedoch bis heute in der Architektur und Mentalität der Orte spürbar, wie Paul Beckers von der Heimatvereinigung Selfkant betont.

Lebt in Stuttgart und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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