Jean-Marie Le Pen, die umstrittene und einflussreiche Figur der französischen Politik, ist im Alter von 96 Jahren verstorben. Seine Familie gab bekannt, dass er „umgeben von seinen Liebsten“ gestorben sei, was in einer Erklärung an die AFP betont wurde. Le Pen war der Gründer und fast vier Jahrzehnte lang der führende Kopf der rechtsextremen Partei Front National, die inzwischen als Rassemblement National bekannt ist. Seine lange Karriere war geprägt von scharfen Provokationen, insbesondere gegen Einwanderer und politische Gegner, sowie von zahlreichen Verurteilungen wegen seiner extremen Äußerungen und dem Anstiften von Rassenhass.
Geboren 1928 als Sohn eines Fischers und einer Näherin, studierte Le Pen Jura und Politik. Er diente als Fallschirmjäger in der französischen Fremdenlegion im Indochinakrieg und wurde später in den Algerienkrieg entsandt, wo er mehrfach der Folter von Gefangenen beschuldigt wurde. 1956 trat er erstmals als Abgeordneter in die Nationalversammlung ein. 1972 gründete er die Front National und wurde bekannt für seinen Slogan „Die Franzosen zuerst“. Unter seiner Führung gewann die Partei an Bedeutung und erzielte 2002 einen der größten politischen Erfolge, als Le Pen in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl ein zog und gegen Jacques Chirac antreten konnte. Er verlor die Wahl mit 82 Prozent der Stimmen gegen Chirac, was die Polarisierung seiner politischen Ansichten widerspiegelte.
Polarisierende Ansichten und Verurteilungen
Le Pen war bekannt für seine provokanten Äußerungen. 1996 erklärte er, dass er an die „Ungleichheit der Rassen“ glaube, und verharmloste die horrenden Verbrechen der Nationalsozialisten, was ihn mehrfach in Konflikt mit der Justiz brachte. Er bezeichnete den Holocaust als „bloßes Detail“ der Geschichte des Zweiten Weltkriegs und lobte die Vichy-Regierung. Diese extremen Ansichten führten zu seinen zahlreichen Verurteilungen, darunter auch Anklagen wegen der Leugnung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Seine Tochter, Marine Le Pen, übernahm 2011 die Präsidentschaft der Front National und stellte eine Reform in Aussicht, die die Partei von ihrem radikalen Erbe distanzieren sollte. 2015 benannte sie die Partei in Rassemblement National um und erreichte in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in den politischen Umfragen und Wahlen. Bei den Europawahlen 2014 errang die Rassemblement National 31,5 Prozent der Stimmen. Diese Erfolge wurden von einer sozialpolitischen Krise in Frankreich und einem aufgeheizten politischen Klima begünstigt, das rechtsextreme Ansichten hervorhob und einen Aufstieg solcher Parteien unterstützte.
Ein Erbe der Kontroversen
Le Pen hinterlässt seine zweite Frau Jeanne-Marie Paschos sowie drei Töchter aus erster Ehe: Marie-Caroline, Yann und Marine. Seine Enkelin, Marion Maréchal, ist ebenfalls eine bekannte Figur in den rechtsextremen Kreisen Frankreichs und gründete im Oktober 2024 ihre eigene Partei „Identité-Liberté“. Auch wenn sich Jean-Marie Le Pen 2015 von der Front National zurückzog und von der Partei ausgeschlossen wurde, nahm er in den letzten Jahren wieder Kontakt zu seiner Tochter auf, was die komplexe Beziehung zwischen den beiden verdeutlicht.
Der Verlust von Jean-Marie Le Pen lenkt nicht nur die Aufmerksamkeit auf sein umstrittenes Leben, sondern auch auf die gegenwärtigen politischen Strömungen in Frankreich. Mit der Rassemblement National, die in den nächsten Präsidentschaftswahlen 2027 voraussichtlich eine bedeutende Rolle spielen wird, bleibt sein Einfluss in der französischen Politik spürbar. Seine belastete Erbgeschichte und die Erinnerungen an seine provokanten Reden werden auch weiterhin Debatten und Kontroversen hervorrufen.