In der Republik Irland wurde der Prozess zur Nominierung eines neuen Premierministers aufgrund von Unruhen und Komplikationen im Dáil unterbrochen. Der Versuch, Micheál Martin von der Fianna Fáil-Partei zum Taoiseach zu ernennen, wurde aufgegeben, nachdem bereits zum vierten Mal die Sitzung des Unterhauses ausgesetzt wurde. Den Abgeordneten ist es nicht gelungen, sich auf die Redezeit für unabhängige Parlamentarier zu einigen, was zu einem Konflikt mit dem Sprecher des Dáil, Verona Murphy, führte. Der Dáil wird morgen um 9 Uhr wieder zusammentreffen, um neue Gespräche zu führen, nachdem alle Oppositionsparteien die aktuellen Entwicklungen in Frage stellten.
Die Sinn Féin-Partei zeigte sich verärgert über die Pläne, unabhängige Parlamentarier, die die kommende Regierung unterstützen, an die Oppositionsbänke zu setzen. Sinn Féin-Chefin Mary Lou McDonald beschuldigte die Fianna Fáil, diese unabhängigen Unterstützer absichtlich zu isolieren. Dies kommt, nachdem in der vergangenen Woche ein Koalitionsabkommen zwischen den beiden größten Mitte-rechts-Parteien Fianna Fáil und Fine Gael sowie einer Gruppe unabhängiger Gesetzgeber geschlossen wurde.
Politische Hintergründe und Koalitionsvereinbarung
Das Scheitern, einen Taoiseach und eine neue Regierung im Dáil zu wählen, bezeichnete Micheál Martin als „Subversion der irischen Verfassung“. Laut Martin gab es zahlreiche Versuche zur Einigung, aber die Opposition, insbesondere Sinn Féin, habe keine Absicht gezeigt, einen Premierminister zu nominieren. Dies sei das erste Mal seit über 100 Jahren, dass der Dáil es nicht schaffte, eine Regierung zu wählen. Der Streit über die Redezeit führte letztendlich zu einer weiteren Aussetzung der Sitzung, die bereits mehrere Male geschehen war.
Die Koalitionsvereinbarung sieht vor, dass Micheál Martin für drei Jahre als Premierminister amtieren wird, während Simon Harris von der Fine Gael als sein Stellvertreter fungiert. Nach dieser Zeit würden die beiden Politiker die Ämter für den Rest der fünfjährigen Amtszeit tauschen. Die Sinn Féin, trotz ihrer 39 Sitze, bleibt ausgeschlossen, was den Koalitionären viel Kritik einbringt. Fine Gael und Fianna Fáil haben sich entschieden, nicht mit Sinn Féin zusammenzuarbeiten, da die Partei historische Verbindungen zur Irish Republican Army (IRA) hat.
Dringende Herausforderungen für die neue Regierung
Die neue Regierung wird enormen Druck verspüren, insbesondere in Bezug auf die steigende Obdachlosigkeit, die durch hohe Mieten und Immobilienpreise verschärft wird. Die Lebenshaltungskosten und die akute Wohnungsnot waren zentrale Themen im vorangegangenen Wahlkampf. Irland, mit einer Bevölkerung von 5,4 Millionen, sieht sich zudem emotionalen Herausforderungen im Hinblick auf Einwanderung gegenüber, in einem Land, das historisch lange von Emigration geprägt war.
Die Verfassung von Irland, Bunreacht na hÉireann, definiert die Regierungsorgane und gewährt fundamentale Rechte. Wichtig ist, dass die Exekutivmacht durch das Kabinett ausgeübt wird, zu dem der Taoiseach, der Tánaiste und bis zu 13 weitere Minister gehören. Der Taoiseach wird vom Dáil nominiert und benötigt das Vertrauen des Dáil Éireann. Sollten diese Absprachen und die anhaltenden Spannungen nicht beigelegt werden, könnte dies weitreichende Konsequenzen für die Stabilität der irischen Politik haben, da Koalitionsregierungen seit den 1990er Jahren die Regel sind.
Zusammenfassend befindet sich die irische Politik derzeit in einer angespannten Lage, in der der neue Premierminister und die Regierung bereits vor ihrem Amtsantritt mit gewichtigen Herausforderungen konfrontiert sind.