EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat US-Präsident Donald Trump während des Weltwirtschaftsforums in Davos eindringlich vor einem drohenden Handelskrieg zwischen Europa und den USA gewarnt. „Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“, betonte sie und wies auf die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Kontinenten hin. Laut von der Leyen beschäftigen europäische Unternehmen rund 3,5 Millionen Amerikaner, und über eine Million amerikanische Arbeitsplätze hängen direkt vom Handel mit der EU ab. In Anbetracht dieser Zahlen plant die EU, frühzeitig Kontakt mit den USA aufzunehmen, um gemeinsame Interessen zu besprechen, insbesondere angesichts von Trumps Ankündigungen während seines Präsidentschaftswahlkampfes, neue Zölle auf Importe in die USA zu erheben.

In der Vergangenheit hatte Trump oft das Handelsungleichgewicht zwischen den USA und Europa kritisiert. Während seiner ersten Amtszeit zeigte er eine protektionistische Haltung und setzte Maßnahmen um, die auch weiterhin Auswirkungen auf die transatlantischen Handelsbeziehungen haben könnten. Bundeskanzler Olaf Scholz unterstrich die Dringlichkeit, die transatlantischen Beziehungen zu stärken, und warnte davor, dass Trump und seine Regierung die Welt in den kommenden Jahren in Atem halten werden. Friedrich Merz, der Unionskanzlerkandidat, sprach sich für ein neues Kapitel in den Beziehungen zu den USA aus und betonte die Notwendigkeit eines gemeinsamen europäisches Vorgehens.

Geopolitische Herausforderungen

Die geopolitische Lage wird ebenfalls angespannt, da Chinas stellvertretender Premierminister Ding Xuexiang vor den Risiken eines möglichen „Zollkriegs“ warnte und den Protektionismus als nachteilig kritisierte. China strebt zudem an, ausländische Investitionen zu fördern und bestehende Hürden abzubauen. Im Kontext dieser Herausforderungen plant von der Leyen, im kommenden Monat einen Fahrplan zur Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit vorzustellen, mit Fokus auf die Vertiefung der Kapitalmarktunion, niedrigere Energiepreise und Bürokratieabbau. Einheitliche Regeln für Unternehmen in der EU sollen ebenfalls eingeführt werden, um nationale Regelungen zu vereinheitlichen.

Das bevorstehende US-Präsidentschaftswahlen 2024 schärfen den Blick auf die Notwendigkeit strategischer Anpassungen. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hebt hervor, dass die EU und die USA die am stärksten integrierten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen weltweit unterhalten. Seit 2015 sind die USA der wichtigste Markt für deutsche Exporte, und die deutsche Industrie hat ein starkes Interesse daran, die Kooperation mit den USA auszubauen, um Handelskonflikte zu verhindern. Laut der DGAP bleibt die Frage, wie sich die Handelspolitik unter einer möglichen Wiederwahl Trumps entwickeln wird, von zentraler Bedeutung. Trumps protektionistische Agenda könnte in einer zweiten Amtszeit forciert werden, was die europäischen Interessen massiv gefährden würde.

Zusätzlich macht die DGAP deutlich, dass es im internationalen Handel zunehmend um multilaterale Regeln geht. Die USA akzeptieren die WTO-Regeln als Grundlage für ihre Handelspolitik nicht mehr, was die Beziehungen zusätzlich kompliziert. Umso wichtiger wird es für Europa, sich auf eigene Stärken zu konzentrieren und die Wettbewerbsfähig zu steigern. Es besteht die Notwendigkeit, den Binnenmarkt zu vollenden und ehrgeizige Freihandelsabkommen auszuhandeln, um in einer sich ständig verändernden Weltordnung bestehen zu können.