Der Europawahlkampf erlebte kürzlich einen signifikanten Wendepunkt, als Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer Debatte der europäischen Spitzenkandidaten in Maastricht erklärte, dass sie bereit sei, zukünftig auch mit rechten Parteien im Europaparlament zusammenzuarbeiten. Besonders im Fokus stand hierbei Giorgia Meloni, die Regierungschefin Italiens und ihre Fratelli d’Italia. Diese Aussage bildete das Wahlkampfthema für die Parteien, die sich für eine Brandmauer gegen Rechts starkmachen.
Infolge einer jüngsten Entwicklung klafft nun jedoch ein großes Loch in dieser Brandmauer. Geert Wilders, eine rechte Stimme in den Niederlanden, gelang es, als Wahlsieger eine Regierungskoalition zu bilden – eine Koalition, die nur durch die Beteiligung der liberalen VVD-Partei des bisherigen Regierungschefs Mark Rutte möglich war. Dies hat die Diskussion über potenzielle Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der Ursula von der Leyen gehört, und Melonis Fratelli in einem neuen Licht erscheinen lassen. Dies wirft insbesondere ein Problem für Emmanuel Macron, den französischen Präsidenten, auf, der eine herausragende Figur im liberalen Lager der Europäischen Union ist.
Der Streit um diese Entwicklung könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die europäische Politik haben. Er könnte dazu führen, dass sich die liberale Fraktion im Europaparlament spaltet. Vor allem die Europawahlen könnten das informelle Bündnis zwischen der EVP, den Sozialdemokraten und den Liberalen in der vergangenen Legislaturperiode ins Wanken bringen. Im Gegensatz dazu kann Giorgia Meloni mit starken Zugewinnen rechnen, und ihr Einfluss in der Europapolitik könnte erheblich zunehmen.
Der Konflikt um Geert Wilders verdeutlicht die politische Landschaft der EU, in der Wilders und seine PVV sich im gleichen Fraktionslager mit anderen EU-Gegnern wie Marine Le Pens Rassemblement National, der FPÖ und der AfD befinden. Hingegen sind Melonis Fratelli Teil der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR), einer EU-skeptischen Gruppe. Die Fratelli unterstützten kürzlich in einer Mitte-Rechts-Mehrheit wichtige Gesetze im Europaparlament, was ihren Einfluss weiter stärken könnte.
Die Diskussionen um Wilders zeigen die zunehmende Schwierigkeit der Abgrenzung nach rechts in Europa. Für den Wahlkampf von Ursula von der Leyens können die Nachrichten aus den Niederlanden vorerst als Entlastung angesehen werden. Ihr Parteichef Manfred Weber betont, dass die EVP keine Bündnisse mit rechtsextremen Parteien auf europäischer Ebene eingeht. Doch trotzdem gehören zur niederländischen Koalition auch Parteien, die der EVP angehören, was zukünftig für Diskussionen sorgen könnte.
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