Am 1. Februar 2025 sorgt ein Interview des Magazins „Der Spiegel“ für Kontroversen, da es am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust veröffentlicht wurde. Israels Botschafter Ron Prosor hat sich vehement gegen den Inhalt des Interviews ausgesprochen und dem Magazin vorgeworfen, einem „von Selbsthass zerfressenen“ Israeli, dem Historiker Omer Bartov, eine Plattform zu bieten. Bartov äußerte, dass der Holocaust als Lehre der Unmenschlichkeit dient und bezeichnete die Situation in Gaza als ein Muster, das auf Völkermord hindeutet.
Prosor kritisierte Bartovs Äußerungen scharf und warf ihm vor, Israel der Unmenschlichkeit zu bezichtigen und die Erinnerung an den Holocaust zu missbrauchen. Er äußerte sich enttäuscht über den „Spiegel“, der sich hinter Interviewpartnern verstecke und eine unvollständige Darstellung Israels verbreite. Weiterhin bezeichnete er die Platzierung des Interviews am Holocaust-Gedenktag als „hasserfüllte redaktionelle Entscheidung“ und forderte eine Entschuldigung vom Magazin. Der „Spiegel“ reagierte auf die negativen Rückmeldungen der Leser, indem er den Hinweis auf den 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz aus der Dachzeile entfernte und die Überschrift des Artikels änderte, berichtet die Jüdische Allgemeine.
Öffentliche Reaktionen und Kritiken
Omer Bartov wehrte sich gegen die Kritik von Prosor und bezeichnete dessen Vorwürfe als Diffamierung von Kritikern der israelischen Politik. Er warnte zudem vor den Konsequenzen, die aus der Demontage humanitärer Standards resultieren könnten. Der „Spiegel“ blieb vorerst ohne Stellungnahme zu den erhobenen Vorwürfen.
Der Holocaustgedenktag, auch Yom HaShoah genannt, wird in Israel im Frühling gefeiert und ist mit dem jüdischen Widerstand im Warschauer Getto verbunden. Historiker hatten vor geraumer Zeit darauf hingewiesen, dass dieser Widerstand nicht als ein Heroismus im Kampf um das Überleben interpretiert werden sollte, sondern vielmehr als eine Verzweiflungsttat angesichts unvermeidlichen Todes. Diese Diskussion zeigt, dass die gesellschaftliche und politische Wahrnehmung des Holocaust und seiner Lehren stets im Wandel begriffen ist.
Der Holocaust im Kontext der Geschichte
In einem weiteren Kontext des Gedenkens wird darauf hingewiesen, dass der internationale Holocaust-Gedenktag am 27. Januar begangen wird, um an die Befreiung von Auschwitz zu erinnern. In Israel wird der Gedenktag vor dem Hintergrund des Aufstands im Warschauer Getto verstanden. Historiker Dan Diner hat betont, dass der Widerstand im Kontext einer verzweifelten Situation stand, die nicht mit der Realität der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik harmoniert.
Zudem stellt Diner heraus, dass die Wahrnehmung des Holocausts unter Juden in Palästina zur Zeit des Zweiten Weltkriegs anders war. Die jüdische Gemeinschaft in Palästina lebte unter britischer Herrschaft und stellte den Krieg als „einen anderen Krieg“ dar, während die unmittelbaren Gefahren in Europa weit entfernt schienen. Die unterschiedlichen Perspektiven auf den Holocaust und die damit verbundenen Lehren sind somit vielschichtig und werden auch in der aktuellen Diskussion um Geschichtsdeutung und Erinnerungskultur spürbar.
Die Auseinandersetzung um das Interview und die Reaktionen darauf verdeutlichen die Sensibilität der Thematik und die Herausforderungen, mit denen sich Israel und die jüdische Diaspora hinsichtlich der Erinnerungskultur konfrontiert sehen.