Im Landkreis Rotenburg nimmt die Verwendung des ‚Du‘ in beruflichen Kontexten deutlich zu. Diese Entwicklung ist nicht nur eine lokale Besonderheit, sondern spiegelt einen umfassenderen Trend wider, der aus der „Du-Kultur“ resultiert, die in vielen deutschen Unternehmen an Bedeutung gewinnt.

Die Bremische Volksbank Weser-Wümme ist ein Vorreiter in dieser Bewegung; hier wurde im Sommer 2024 das kollegiale ‚Du‘ eingeführt. Vorstände Ulf Brothuhn und Detlev Hermann führten diese Maßnahme für ihre Bremer Kollegen ein und Sottrum folgte kurzem. Die positiven Erfahrungen aus diesen Umstellungen wurden von Matthias Dittrich, Vorstand der Bremischen Volksbank, geteilt, der das ‚Du‘ als angenehm und unterstützend beschreibt, dabei jedoch die Wichtigkeit der Professionalität betont.

Positive Reaktionen in Unternehmen

Die Reaktionen von Mitarbeitern auf diese Veränderungen sind überwiegend positiv. Hanna Schwertfeger, Teamleiterin, und Ece Delibas, Finanzmanagerin, sehen den Sinn hinter der neuen Anredeform und berichten von einer verbesserten Kommunikation. In Sottrumer Familienbetrieben ist das ‚Du‘ bereits etabliert; hier wird nur der Seniorchef gesiezt. Lydia Willenbrock vom Fahrzeugbau Willenbrock hebt hervor, dass das ‚Du‘ den Umgang miteinander vereinfacht. Julia Beinkinstadt von C+K bekräftigt, dass sie durchweg positive Erfahrungen mit der neuen Form der Ansprache gemacht hat.

Ein weiterer Ort, der sich mit dem Thema ‚Du‘ auseinandersetzt, ist das Agapelesion Diakonieklinikum Rotenburg. Hier wird konzernweit erörtert, wie diese informelle Anrede auch im Klinikum umgesetzt werden kann. Lars Wißmann, theologischer Direktor der Einrichtung, sieht in der Verwendung von ‚du‘ eine flexible Handhabung, die sich je nach Situation anpassen lässt.

Der Wandel in der Unternehmenskommunikation

Der allgemeine Trend, vom ‚Sie‘ zum ‚Du‘ überzugehen, wird durch modernere Ansätze in der Unternehmensführung befeuert, wie den Konzepten von New Work und Servant Leadership. Die Verbreitung des Hashtags #gerneperDU zeigt, dass viele eine kommunikative Atmosphäre schätzen, die durch das ‚Du‘ geprägt ist. Diese Kultur wird als weniger hierarchisch, offener und persönlicher wahrgenommen.

In Unternehmen, die eine DU-Kultur implementieren, steht der Aufbau von Vertrauen und Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund. Die Vorteile sind vielfältig und reicht von einer schnelleren und direkten Kommunikation bis hin zu einer stärkeren Integration neuer Mitarbeiter. Dennoch ist Vorsicht geboten: Die DU-Kultur kann in emotionalen Situationen auch zu Konflikten führen, die in einer SIE-Kultur vielleicht nicht aufgetreten wären. Ein konkretes Beispiel zeigt, wie persönliche Beleidigungen in einer DU-Kultur möglicherweise leichter auszusprechen sind.

Herausforderungen und Grenzen

Die Etikette zur Anrede ist in vielen Unternehmen in den letzten Jahren klarer ausgeprägt worden. Höherrangige Mitarbeiter sollten das ‚Du‘ anbieten, was oft als heikel empfunden wird. Auch altersbedingte oder geschlechtsspezifische Vorgaben zur Ansprache sind weniger entscheidend geworden. Konflikte entstehen häufig, wenn Kollegen das ‚Du‘ ablehnen möchten, was den Umgang untereinander schwieriger machen kann.

Die Rückkehr vom ‚Du‘ zum ‚Sie‘ stellt zudem eine enorme Herausforderung dar, da diese Entscheidung oft als endgültig betrachtet wird. Unternehmen, die sich für eine Duz-Kultur entscheiden, übernehmen das Risiko, dass klare Grenzen zwischen Professionalität und persönlichem Umgang verschwimmen könnten. Dennoch bleibt die Duz-Kultur ein fester Bestandteil moderner und innovativer Unternehmen, während traditionelle Branchen oft weiterhin an der SIE-Kultur festhalten.

Abschließend lässt sich sagen, dass eine erfolgreiche Duz-Kultur durch die Einbeziehung der Mitarbeiter gefördert werden kann. Einheitliche Kommunikationsstandards und Vorbilder unter den Führungskräften sind dabei von großer Bedeutung. Die Balance zwischen Nähe und Professionalität muss sorgfältig abgewogen werden, um die Vorteile einer Duz-Kultur bestmöglich zu nutzen.