Ukrainischer Präsident Wolodymyr Selenskyj hat appelliert, Europa zu einer Energie-Unabhängigkeit von Russland zu bewegen. Der Hintergrund seines Aufrufs ist die erfolgreiche Abkopplung der baltischen Staaten – Estland, Lettland und Litauen – vom russischen Stromnetz. Diese Infrastrukturmaßnahme ermöglicht es den baltischen Ländern, den Einfluss Moskaus als Energieanbieter zu reduzieren. Selenskyj betont, dass Russland keine Energiestrategien mehr gegen die baltischen Staaten nutzen kann, was er als positiven Schritt für die gesamte europäische Energiepolitik ansieht.

Zusätzlich fordert Selenskyj eine verstärkte Zusammenarbeit mit den USA im Bereich von LNG-Gas und Öl. Nach seinen Ausführungen haben die genannten baltischen Staaten bereits ihre Stromimporte aus Russland eingestellt. Damit wird eine klare Linie in der europäischen Energiesicherheit sichtbar: Die Ukraine hat zu Beginn des Jahres den Erdgas-Transit von Russland nach Europa ebenfalls eingestellt, um sich von russischen Energiequellen zu distanzieren.

Forderungen nach Sanktionen und Sicherheitsgarantien

Selenskyj fordert die europäischen Nationen außerdem auf, Druck auf Russland auszuüben, um dessen Schattenflotte zu sanktionieren. Diese Schattenflotte transportiert russisches Öl, Militärgüter und gestohlenes Getreide. In diesem Zusammenhang haben zwölf europäische Länder koordiniertes Handeln gegen diese Schattenflotte angekündigt. Die Maßnahmen umfassen unter anderem Sanktionen gegen 52 Schiffe, die ein Einlaufverbot in EU-Häfen erhalten haben. Die beteiligten Staaten, darunter Deutschland, Großbritannien und die nordischen Länder, arbeiten daran, die Schattenflotte finanziell und operativ zu stören. ZDF hebt hervor, dass die ambitionierte Initiative als Reaktion auf die fortdauernden russischen Aktivitäten im Ukraine-Konflikt betrachtet wird.

Selenskyj hat auch die Notwendigkeit betont, das Ende des Krieges unter bestimmten Voraussetzungen noch im Jahr 2025 zu erreichen. Er fordert Sicherheitsgarantien für die Ukraine und stärkere Sanktionen gegen Russland. Dabei setzt er auf die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump, um eine möglichst rasche Beendigung der Kämpfe zu erreichen. Dabei ist Selenskyj optimistisch, dass die ukrainische Flagge eines Tages wieder über der Krim und dem Donbass wehen kann – bevorzugt durch diplomatische Mittel.

Russland und die Folgen der Energiestrategien

Die EU sieht sich trotz des Ukraine-Kriegs weiterhin in einer Abhängigkeit von russischem LNG. Interessanterweise stiegen die Einfuhren in den ersten sieben Monaten des Jahres 2023 um 40 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum, was den Druck auf die EU erhöht, die Beziehungen zu Moskau zu überdenken. Tagesschau berichtet, dass von Januar bis Juli 2023 insgesamt 22 Millionen Kubikmeter LNG aus Russland in die EU importiert wurden, was 52 % des gesamten russischen LNG-Exports ausmacht.

Die EU-Kommission hat zwar einen Stopp der LNG-Importe gefordert, jedoch gibt es bisher keine signifikanten Veränderungen in den Exporten. Im Jahr 2023 sollen EU-Staaten voraussichtlich rund 5,3 Milliarden Euro in russisches LNG investieren, was die Frage der tatsächlichen Entschlossenheit deutlich aufwirft. Brasilien, das knapp hinter den USA als größter LNG-Lieferant an die EU rangiert, könnte eine verstärkte Rolle im europäischen Energiemarkt einnehmen.

In Anbetracht der aktuellen geopolitischen Lage und der katastrophalen Folgen der russischen Aggression in der Ukraine bleibt die zukünftige Energiepolitik der EU ein zentrales Thema, das nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen in Europa maßgeblich beeinflussen wird.