Am 5. Februar 2025 hat der französische Präsident Emmanuel Macron mit dem neu ernannten syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa telefoniert. In diesem Gespräch hat Macron al-Scharaa nach Frankreich eingeladen, um ihn in den kommenden Wochen zu besuchen. Laut der syrischen Präsidentschaft wurde die Einladung bestätigt, während Paris sich zunächst zurückhielt. Macron gratulierte al-Scharaa zur Übernahme der Präsidentschaft und zur „Befreiung des Landes“, was als ein bedeutender Schritt in der neu entstandenen politischen Landschaft Syriens betrachtet wird.

Die Einladung von Macron ist eine Teil der wachsenden Diplomatie zwischen Frankreich und den neuen Machthabern in Syrien. Insbesondere hat Frankreich angekündigt, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben, um die wirtschaftliche Erholung und das Wachstum im Land zu fördern. Al-Scharaa dankte für die Unterstützung Frankreichs in den letzten Jahren und betonte die Notwendigkeit eines neuen Anfangs.

Diplomatische Gespräche in Damaskus

In einem weiteren Schritt der Annäherung waren der französische Außenminister Jean-Noël Barrot und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kürzlich in Damaskus. Dies stellt den höchsten westlichen Besuch seit dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 dar. Während dieses Besuchs treffen sich die Minister mit al-Scharaa, dem Führer der islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die Assad gestürzt hat. Barrot beschrieb die Situation in Syrien als eine „fragile Hoffnung“ auf einen „souveränen, stabilen und friedlichen“ Staat.

Die beiden Minister forderten von den neuen Behörden, Racheakte zu vermeiden und eine inklusive politische Struktur für alle ethnischen und religiösen Gruppen in Syrien zu schaffen. Baerbock äußerte Bedenken hinsichtlich der HTS, betonte jedoch die Notwendigkeit, die syrische Bevölkerung während dieses kritischen Wendepunkts zu unterstützen. Frankreich plant außerdem, einen internationalen Gipfel zu Syrien auszurichten, um die Wiederaufbau-Bemühungen zu fördern.

Herausforderungen und Perspektiven

Die Herausforderungen für das neue Regime unter al-Scharaa sind erheblich. Nach 13 Jahren Bürgerkrieg sind über 500.000 Menschen getötet worden, darunter mehr als 200.000 Zivilisten. Laut Berichten leben über zwei Millionen Vertriebene in Zeltlagern, und die Nahrungsmittelsituation ist katastrophal: 14,5 Millionen Syrer sind von Ernährungsunsicherheit betroffen. Al-Scharaa hat angekündigt, eine Übergangsregierung zu bilden, die die Vielfalt des Landes widerspiegelt, ohne jedoch konkrete Termine für Wahlen oder Reformen zu nennen.

Die zukünftige Stabilität Syriens hängt stark von dem Verhältnis zwischen der neuen Regierung und den verschiedenen Machtstrukturen, wie der kurdischen SDF, ab. Diese Bereiche kämpfen nach wie vor um Kontrolle, was die Bemühungen um den Wiederaufbau und die Stabilisierung des Landes erschwert. Der anhaltende Konflikt zwischen der SDF und der neuen Regierung sowie die aggressive Haltung der Türkei gegenüber der SDF machen die politische Situation zusätzlich kompliziert.

Die Entwicklungen in Syrien sind nicht nur für das Land selbst, sondern auch für die internationalen Beziehungen von großer Bedeutung. Es bleibt abzuwarten, wie die diplomatischen Bemühungen von Frankreich und Deutschland, die auf einen möglichen Wiederaufbau und Frieden hinarbeiten, auf die Realitäten vor Ort Einfluss nehmen werden.