In Neumünster hat der Zoll unter menschenunwürdigen Bedingungen eine Fabrikhalle aufgedeckt, in der Arbeiter ausgebeutet wurden. Fast 80 Zöllnerinnen und Zöllner durchsuchten nicht nur die Fabrikräumlichkeiten, sondern auch Wohn- und Geschäftsräume sowie eine Baustelle. Diese Maßnahmen erfolgten aufgrund des Verdachts auf Schwarzarbeit. Während der Aktion wurde eine Person befreit und ein 52-jähriger Verdächtiger festgenommen. Er wird beschuldigt, mehrere Rumänen mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und sie in der Fabrikhalle eingesperrt sowie ausgebeutet zu haben, wie die MOPO berichtet.
Der Verdächtige soll die Arbeiter mit körperlicher Gewalt kontrolliert und sie zur Arbeit gezwungen haben. Hierbei standen diese oft bis zu 13 Stunden am Tag unter ständiger Beobachtung, ohne geregelte Pausen und mit minimaler Verpflegung. Nach der Arbeit wurden die Betroffenen zurück zur Fabrik gefahren und dort eingesperrt. Die Zustände in der Schlafstätte wurden als „unzumutbar“ beschrieben, mit teils starkem Schimmelbefall. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Verdächtige keinen Lohn zahlte, keine Steuern abführte und auch keine Sozialabgaben leistete.
Umfang der Schwarzarbeit
Die jüngsten Ermittlungen sind Teil einer umfassenderen Strategie der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), deren rund 8.900 Beschäftigte den Verfolgungsdruck gegen Schwarzarbeit kontinuierlich erhöhen. Im Jahr 2023 führten die Zöllnerinnen und Zöllner über 43.000 Arbeitgeberprüfungen durch und stellten eine Schadenssumme von etwa 615 Millionen Euro fest. Gerichte verhängten in diesem Zeitraum insgesamt 987 Jahre Freiheitsstrafen aufgrund festgestellter Straftaten. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung betreffen nahezu alle Wirtschaftsbereiche, insbesondere die lohnintensiven Branchen, wie das Bundesfinanzministerium erläutert.
Die FKS prüft bei ihren Ermittlungen unter anderem die Erfüllung sozialversicherungsrechtlicher Meldepflichten sowie die Einhaltung des Mindestlohngesetzes, das ab dem 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro brutto pro Stunde angehoben wird. Dies zeigt, wie wichtig auch der rechtliche Rahmen für die Bekämpfung von Arbeitsausbeutung ist. Organisierte Formen der Schwarzarbeit, insbesondere grenzüberschreitende Kriminalität, stellen eine zunehmende Herausforderung dar.
Maßnahmen gegen Menschenhandel
Um gegen Menschenhandel vorzugehen, hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag zwischen 2021 und 2025 festgelegt, den Kampf gegen diese Verbrechen intensiver zu gestalten. Ein Nationaler Aktionsplan wird entwickelt, um die zuständigen Stellen besser zu vernetzen und die Rechte der Betroffenen zu stärken. Im Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe sind neben verschiedenen Ministerien auch Gewerkschaften und Fachberatungsstellen vertreten. Diese Gruppe hat 2017 ein strategisches Konzept zum Schutz der Betroffenen sowie zur Verbesserung der Strafverfolgung erarbeitet, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales berichtet.
Eine Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel unterstützt den Auf- und Ausbau von Kooperationsstrukturen, führt Schulungen durch und veröffentlicht regelmäßig Analysen über risikobehaftete Branchen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen und die betroffenen Arbeitnehmer zu schützen, insbesondere in Branchen, in denen ausländische Arbeitskräfte häufig zur Zielscheibe von Ausbeutung werden.