Am 29. Januar 2025 mobilisierten über tausend Unternehmerinnen und Unternehmer vor dem Brandenburger Tor in Berlin, um eine grundlegende „Wirtschaftswende“ zu fordern. Diese Protestaktion wurde von einer Allianz aus etwa 140 Verbänden initiiert und fand zeitgleich auch in weiteren Städten wie München, Hamburg und Stuttgart statt. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer, bezeichnete die Demonstrationen als „SOS-Ruf der Unternehmer an die Politik und die Wähler“. Sie betonte die schlechte Lage der deutschen Wirtschaft und dass diese „schlecht, richtig schlecht“ dastehe.

Die Teilnehmer forderten dringend Veränderungen in der Wirtschaftspolitik Deutschlands, da Deutschland im internationalen Vergleich an Attraktivität verloren habe. Ostermann wies darauf hin, dass der Standort Deutschland in den letzten drei Jahren regelrecht abgestürzt sei. Ein zuvor erarbeiteter Zehn-Punkte-Plan, der Bürokratieabbau, die Senkung von Sozialabgaben und Steuern sowie eine Infrastrukturoffensive umfasst, soll aufzeigen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die wirtschaftliche Lage zu verbessern.

Kritik an der politischen Führung

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellte am selben Tag den Jahreswirtschaftsbericht vor, in dem die Prognose für das Wirtschaftswachstum 2025 von 1,1 Prozent auf nur 0,3 Prozent gesenkt wurde. Dies ist ein weiteres Zeichen für die angespannten wirtschaftlichen Bedingungen. Die Kritik an der politischen Handhabung der Wirtschaftskrise wird laut den vier Spitzenverbänden der Wirtschaft – darunter der Industrieverband, die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), die Arbeitgeberverbände und der Handwerksverband – laut. Diese Verbände fordern eine Kehrtwende in der Steuer-, Sozial- und Energiepolitik.

Ebenfalls wurde festgestellt, dass die deutsche Wirtschaft seit zwei Jahren in einer Rezession sei. Der Abfluss von Kapital wird alarmierend als Verlust an Wettbewerbsfähigkeit wahrgenommen, was die Dringlichkeit der angesprochenen Forderungen unterstreicht. Die Verbände kritisieren zusätzlich die Regierung wegen falscher Bewertungen der Unternehmenslage und optimistischer Prognosen in der Vergangenheit.

Gegendemonstration und gesellschaftliche Stimmung

Bei den Protesten in Berlin war auch eine kleine Gruppe von Gegendemonstranten aktiv, die satirische Botschaften verbreitete. Diese Plakate enthielten beispielsweise Aussagen wie „Normale Menschen müssen um diese Zeit arbeiten“ und „Applaus für Eure Arbeit – Grüße aus Monaco“. Die Gegendemonstration wurde vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angemeldet, der mit etwa 15 Teilnehmern rechnete.

Die wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen Deutschland aktuell konfrontiert ist, werden durch die neuesten Prognosen weiter verstärkt. So berichtet das Handelsblatt Research Institute von einem erwarteten Rückgang der deutschen Wirtschaft um 0,1 Prozent im Jahr 2025, was einen weiteren Rückgang nach dem Minus von 0,3 Prozent in 2023 und 0,2 Prozent in 2024 darstellt. Wenn sich die Prognose bewahrheitet, wäre dies der dritte Rückgang in Folge in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bert Rürup, Chefökonom des Handelsblatts, beschreibt diese Krise als die größte in der Nachkriegsgeschichte.

Die Ursachen für die besorgniserregende Lage sind vielfältig. Pandemie, Energiekrise und Inflation führten dazu, dass das durchschnittliche Einkommen der Deutschen verringert wurde. Prognosen besagen, dass die Inflation auch in den nächsten Jahren über der Zwei-Prozent-Marke bleiben wird, was die Europäische Zentralbank vor neue Herausforderungen stellt.

Die Situation ist alarmierend, und die Forderungen der Unternehmer und Verbände, die im gesamten Land lautstark Gehör finden, reflektieren die tiefe Besorgnis über die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Der Handlungsbedarf ist unbestritten und die Zeit drängt.

Welt, Tagesschau, Handelsblatt