Universitätskliniken in Baden-Württemberg starten eine umfassende Aktion gegen sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz. Diese Initiativen beinhalten die Einrichtung von Anlaufstellen und Hilfsangeboten, um Betroffenen Unterstützung zu bieten und ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen. Ziel der Kampagne ist es, aufmerksam zu machen auf sexualisierte Worte, Blicke, Gesten, Anspielungen und körperliche Übergriffe, die im Arbeitsumfeld vorkommen können. An der Kampagne beteiligen sich die Universitätskliniken Ulm, Freiburg, Heidelberg und Tübingen, die auf eine Umfrage zurückgreifen, die 2022 unter nahezu 10.000 Beschäftigten durchgeführt wurde.

Laut der Umfrage wurde deutlich, dass die häufigsten Berichte über sexualisierte Belästigung von Kolleginnen, Kollegen sowie Patientinnen und Patienten stammen. Die Wahl des Begriffs „sexualisierte Belästigung“ soll die Aspekte der Macht und Kontrolle in der diskursiven Auseinandersetzung verdeutlichen, die im Gesundheitssystem oft ausgeprägter sind. Die Bezeichnung führt dazu, dass das Phänomen nicht nur als individuelles Problem, sondern als strukturelles erkannt wird, was innovative Schutzkonzepte und Dienstvereinbarungen notwendig macht, um sowohl Beschäftigte als auch Patienten vor diskriminierendem Verhalten zu schützen.

Hintergrund der Kampagne

Die Kampagne wurde angeregt von Prof. Dr. Jörg M. Fegert, dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm. Er hat sich auch maßgeblich für die Einführung von Schutzkonzepten in Kliniken und Praxen in Deutschland eingesetzt, die durch die Qualitätsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) unterstützt werden. Die Umfrage, die Daten von 9.905 Beschäftigten erfasste, stellte fest, dass 71% der Befragten jemals sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz erlebt hatten. Insbesondere innerhalb des letzten Jahres berichteten 37% von solchen Erfahrungen.

Die häufigsten Täter in diesen Berichten waren Kollegen und Patienten, wobei besonders verbale Belästigungen vorkamen. Abwertungen und Witze über Frauen, Männer, Trans-Personen oder Homosexuelle stellten die häufigsten Formen der Belästigung dar. Darüber hinaus ist sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz ein emotional aufgeladenes Thema, das oft tabuisiert wird, mit weitreichenden Konsequenzen für die Betroffenen, einschließlich psychologischer Belastungen, geringem Selbstwertgefühl und einer Beeinträchtigung der Arbeitsleistung.

Präventionsmaßnahmen und rechtlicher Rahmen

Um dem entgegenzuwirken, fordert die Kampagne ein Klima des Respekts, in dem sexualisierte Belästigung nicht toleriert wird. Auf einer gemeinsamen Landing-Page erhalten alle Mitarbeiter der vier Universitätskliniken Informationen zur Kampagne und zu Unterstützungsangeboten. Effektive Präventionsmaßnahmen könnten auch durch gesetzliche Rahmenbedingungen gefördert werden, die jedoch keine konkreten Vorgaben machen. Vielmehr sind Unternehmen gefordert, ihre spezifischen Bedürfnisse zu kennen und umfassende Maßnahmen zu entwickeln, um das Haftungsrisiko zu reduzieren.

Zu den empfohlenen Maßnahmen gehören unter anderem das Auslegen von Informationsmaterial, Schulungen und Fortbildungen sowie die Einrichtung einer Beschwerdestelle. Ein klares und reguliertes Beschwerdeverfahren ist notwendig, um effektiv auf Vorfälle reagieren zu können. Zusätzlich kann der Abschluss einer Betriebsvereinbarung ein wichtiges Instrument zur Prävention und Bewältigung von sexualisierter Belästigung darstellen, da diese das Verbot solcher Praktiken, betriebliche Präventionsmaßnahmen und die Struktur des Beschwerdeverfahrens festlegt.

Die Initiative der Universitätskliniken in Baden-Württemberg zeigt somit, dass sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz ein ernstzunehmendes Problem ist, das systematisch angegangen werden muss, um ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld zu schaffen. Die Aktivitäten bieten einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, um endlich das nötige Bewusstsein und die Veränderungen in der Gesundheitsbranche herbeizuführen.

Für weitere Informationen über sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz und rechtliche Aspekte besuchen Sie die Antidiskriminierungsstelle oder die Artikel von Zvw und Healthcare in Europe.