Die türkische Tourismusbranche verzeichnete einen beeindruckenden Jahresbeginn. Laut Remszeitung besuchten im Jahr 2024 mehr als 57 Millionen Menschen die Türkei in den ersten elf Monaten. Besonders stark waren die Besucherzahlen aus Russland und Deutschland. Nach einem dramatischen Rückgang an Touristen infolge von Terroranschlägen in den Jahren 2015 und 2016, sowie den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, zeigt die Branche jetzt deutliche Anzeichen der Erholung. Massive Werbekampagnen des türkischen Tourismusministeriums über 200 Länder hinweg haben dazu beigetragen, dass die Einnahmen im Tourismus in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 46,9 Milliarden USD erreichten, was einen Anstieg von 7% im Vergleich zum Vorjahr darstellt.
Dennoch befindet sich die Industrie in einer fragilen Lage. Die Hyperinflation in der Türkei, die 2024 über 44% betrug, hat dazu geführt, dass die Preise für Hotelübernachtungen und Restaurantbesuche nun auf einem Niveau sind, das mit vielen europäischen Ländern vergleichbar ist. Diese Preissteigerungen sowie eine erhöhte Alkoholsteuer haben viele Türken dazu veranlasst, ihre Urlaubspläne nach Griechenland zu verlagern, was die wirtschaftliche Situation der Branche weiter belastet.
Wirtschaftliche Herausforderungen
Die Situation wird durch eine Rekordinflation weiter verschärft. Offiziell liegt die Inflation in der Türkei bei 72%, viele Menschen schätzen sie jedoch noch höher, teils bis zu 122% laut unabhängigen Instituten. Dies führt nicht nur zu steigenden Preisen, sondern auch zu einem spürbaren Rückgang der Besucherzahlen, insbesondere in den Küstenorten. ZDF berichtet, dass die wirtschaftliche Not vieler Türken, darunter auch Lebensmittelexperten wie Kenan Toprak, der in der Gastronomie tätig ist, zu ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten geführt hat. Toprak überlegt ernsthaft, nach Russland auszuwandern, während seine Familie in der Türkei zurückbleibt.
Zudem stehen Hoteliers unter Druck. Während die Kosten für Unterkünfte erheblich gestiegen sind, konnten die Zimmerpreise nur um 18-20% erhöht werden. Dincer Sarikaya, ein Hotelmanager, äußert, dass er zwar die Löhne seiner Angestellten erhöht hat, jedoch auch die Ausgaben für verschiedene Dienstleistungen rapide steigen. Viele Touristen entscheiden sich, aus finanziellen Gründen für kürzere Aufenthalte, was die Branche zusätzlich unter Druck setzt.
Sicherheit und Image der Branche
Im Jahr 2025 gestaltete sich der Beginn der Saison ebenfalls problematisch. Dreißig Menschen starben aufgrund von gepanschten Alkohol in Istanbul, gefolgt von einem verheerenden Hotelbrand in Kartalkaya. Solche Vorfälle könnten der bereits angeschlagenen Branche zusätzlichen Schaden zufügen, insbesondere wenn die internationalen Sicherheitsstandards nicht eingehalten werden. Laut Focus könnte dies das Vertrauen in die türkischen Reisedestinationen untergraben und bestehende Probleme verstärken.
Trotz der Herausforderungen bieten die Urlaubskosten in der Türkei für ausländische Besucher, vor allem Deutsche, nach wie vor vergleichsweise viele Vorteile. Der schwache Wechselkurs der türkischen Lira zum Euro hat dazu geführt, dass Urlauber für jeden Euro mehr türkische Lira erhalten. Das macht insbesondere All-Inclusive-Angebote attraktiver, da Urlauber sind bemüht, ihre Ausgaben im Griff zu behalten.
Insgesamt bleibt die türkische Tourismusindustrie in einem Spannungsfeld zwischen sinkenden Besucherzahlen, wirtschaftlichen Herausforderungen und dem Bemühen um ein besseres Image. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu erkennen, ob die Branche die vielen Hürden überwinden kann.