Das Prager Kulturministerium hat kürzlich eine bedeutende Entscheidung getroffen: Das Biertrinken wurde offiziell als Teil des immateriellen Kulturerbes Tschechiens anerkannt. Diese Initiative ist das Resultat langjähriger Vorbereitungen und wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, die einzigartige Bierkultur des Landes international zu präsentieren. Tschechen hegen die Hoffnung, dass ihre Bierkultur auch in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wird, um mit den Biertraditionen anderer Länder wie Deutschland und Belgien gleichzuziehen, die bereits Einträge auf dieser prestigeträchtigen Liste haben.
Tschechien ist heute das Land mit dem höchsten Bierkonsum pro Kopf, und die Einheimischen konsumieren mehr Bier als die Deutschen und Belgier. Allerdings ist ein besorgniserregender Trend festzustellen: Der Bierkonsum sinkt, besonders unter der jungen Generation, die sich vermehrt für Energy-Drinks und Wasser entscheidet. So wird mittlerweile nur noch 30 Prozent des konsumierten Bieres in Restaurants getrunken. Diese Entwicklung könnte die kulturelle Bedeutung des Bieres im Land gefährden.
Herausforderungen für die Bierkultur
Der Rückgang im Bierkonsum ist alarmierend. Im Jahr 2023 wurde in Tschechien 2,7 Prozent weniger Bier gebraut als im Vorjahr, und der jährliche Konsum pro Person fiel auf 133,2 Liter – ein Rückgang um 9,7 Liter. Laut dem Geschäftsführer des Verbands der Brauereien und Mälzer, Tomáš Slunečko, ist dies ein besorgniserregender Trend, insbesondere angesichts der Tatsache, dass 79 Prozent der Männer und nur 42 Prozent der Frauen im Jahr 2023 Bier tranken. Dies entspricht einem Rückgang von 10 Prozent bei Männern und 15 Prozent bei Frauen im Vergleich zu 2016.
Eine Aktion, die diesen Trend möglicherweise beeinflusst, ist der „trockene Februar“, in dessen Rahmen viele Tschechen zeitweise auf Alkohol verzichten. Im vergangenen Jahr haben 15 Prozent der Bevölkerung an dieser Initiative teilgenommen. Eine aktuelle Statistik zeigt, dass zwei Drittel der 500.000 Tschechen, die jährlich eine Suchtbehandlung benötigen, Alkoholiker sind. Die Kosten für die Suchtbehandlung belaufen sich auf etwa zwei Milliarden Kronen, doch trotz der Diskussion über Suchtprävention hat der Staatshaushalt keine zusätzlichen Mittel für Präventionsprogramme bereitgestellt.
Wirtschaftliche Bedeutung der Bierkultur
Trotz der Herausforderungen ist die tschechische Bierkultur nach wie vor von großer wirtschaftlicher Wichtigkeit. Über 550 Brauereien sind in Tschechien ansässig, die rund 65.000 Menschen beschäftigen. Im Jahr 2023 erzielte der Brauereisektor Steuereinnahmen in Höhe von etwa 29 Milliarden Kronen (ca. 1,2 Milliarden Euro). Die Anerkennung der Bierkultur als immaterielles Kulturerbe wurde auf Empfehlung des Nationalen Rats für traditionelle Volkskultur ausgesprochen und hebt die handwerklichen Traditionen sowie die Kneipenkultur des Landes hervor.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die tschechische Bierkultur in einer entscheidenden Phase ist. Die Kombination aus Stolz auf die eigene Tradition und den Herausforderungen durch sinkenden Bierkonsum könnte dazu führen, dass Tschechien seine Bierkultur revitalisieren muss, um die globale Anerkennung durch die UNESCO tatsächlich zu erreichen. Die nationale Liste war ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur UNESCO-Nominierung, und viele hoffen, dass diese Anerkennung das Bewusstsein und den Stolz auf die einzigartige tschechische Bierkultur steigern wird. Angesichts der aktuellen Entwicklungen bleibt abzuwarten, wie sich diese Dynamik entwickeln wird.