Thyssenkrupp Steel steht vor bedeutenden Umstrukturierungen, die darauf abzielen, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu stärken. In diesem Kontext sind erste Informationsrunden zwischen dem Management und den Arbeitnehmervertretern geplant. Rund 27.000 Mitarbeiter sind in der Stahlsparte beschäftigt, die unabhängig vom Mutterkonzern agieren soll. Geplant ist zudem die Schließung eines Standorts, wodurch etwa 600 Beschäftigte betroffen sein werden. Finanzvorstand Jens Schulte betont, dass diese Maßnahmen kritische Schritte in den Verhandlungen mit dem tschechischen Energieunternehmen EPCG sind, dessen Eigentümer Daniel Kretinsky bereits 20 Prozent der Anteile hält. Diese Umstrukturierungen könnten die Grundlage für einen Kapazitätsabbau bieten, dessen Umfang bis 2030 bis zu 5.000 Stellen umfassen könnte, wobei eine Umsetzung ohne betriebsbedingte Kündigungen angestrebt wird. Weitere 6.000 Stellen könnten durch Ausgliederungen oder Verkäufe entfallen, was die IG Metall zu der Forderung veranlasst hat, betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen auszuschließen.
Zusätzlich zur angespannten Diskussion zwischen Management und IG Metall erwartet man, dass die Erste Gespräche, die auf diese umstrittenen Themen abzielen, bald beginnen. Laut Süddeutscher sollen die Ergebnisse dieser Informationsaustauschrunden entscheidend für die Entscheidung über offizielle Verhandlungen sein. Die Montanmitbestimmung, die in der Stahlsparte gilt, sorgt dafür, dass Eigentümer und Arbeitnehmer gleich stark im Aufsichtsrat vertreten sind, was die Verhandlungen zusätzlich kompliziert.
Der Kontext der Stahlindustrie
Die geplanten Veränderungen bei Thyssenkrupp Steel stehen auch im Kontext einer umfassenden Studie von Oliver Wyman und IW Consult, die die Rolle der Stahlindustrie für die gesamtwirtschaftliche Resilienz und den industriellen Mittelstand beleuchtet. Die Stahlindustrie in Deutschland befindet sich an einem entscheidenden Scheideweg, mit wachsenden Bedenken bezüglich der Transformation und ihrer Auswirkungen auf Investitionen und Beschäftigung in stahlverarbeitenden Branchen. Laut der Studie tragen die Stahlindustrie 23 Prozent zum Produktionswert und 12 Prozent zu den Arbeitsplätzen in der deutschen Gesamtwirtschaft bei, was die Bedeutung dieser Branche unterstreicht. Während 70 Prozent des Stahlbedarfs der stahlintensivsten Industrien in Deutschland von heimischen Herstellern gedeckt wird, zeigt eine zunehmende Skepsis, dass nur 14 Prozent der Unternehmen eine erfolgreiche Transformation bis 2035 für realistisch halten.
Die Transformation der Stahlindustrie könnte zudem weitreichende Auswirkungen auf die CO2-Emissionen der Kundenindustrien haben. Eine Verbesserung des CO2-Fußabdrucks ist für 72 Prozent der Stahl-Kundenunternehmen ein wichtiger Entwicklungsfaktor. Aktuelle Herausforderungen wie hohe Energiepreise und eine knappe Verfügbarkeit werden von 81 Prozent der Experten als potenzielle Ursachen für das Scheitern der Transformation betrachtet. Dies macht die aktuellen Verhandlungen bei Thyssenkrupp umso wichtiger, da sie sowohl die Zukunft des Unternehmens als auch die gesamte Branche betreffen könnten.