Die zunehmende Brutalität gegen Politiker hat in den letzten Jahren besorgniserregende Ausmaße angenommen. Neben dem tragischen Mord an Walter Lübcke sind auch regelmäßige Angriffe auf Kommunalpolitiker ein alarmierendes Phänomen. Früher mag es auch Auseinandersetzungen zwischen Parteimitgliedern gegeben haben, doch nach den Erfahrungen der Weimarer Republik und der NS-Diktatur konnte man sich in der Regel wieder versöhnen und akzeptierte einander als Demokraten.
Trotzdem schwingt in der aktuellen Gewaltwelle, von der auch politische Repräsentanten betroffen sind, laut Winfried Kretschmann der „Geruch von Weimar“ mit. Zwar sind die Parallelen zu vergangenen Zeiten nicht so offensichtlich, doch die schnellen Ermittlungserfolge der Polizei in Fällen wie Dresden und Berlin sowie die klaren Reaktionen der Öffentlichkeit zeugen von einem gewissen Schock in der Bevölkerung.
Die Ratlosigkeit darüber, wie man die Ursachen anstelle der Symptome bekämpfen kann, ist greifbar. Phrasen und Sprüche dominieren die Diskussion, anstatt konkrete Lösungsansätze zu entwickeln. Ein besorgniserregender Aspekt ist die Einteilung von Politikern in verschiedene Klassen, wobei Gewalt gegen „Demokraten“ als prioritär angesehen wird und Angriffe gegen „Demokratiefeinde“ in einer anderen Kategorie landen.
Innenministerin Nancy Faeser machte gar den Schutz vor Gewalt zu einem Privileg „demokratischer Kräfte“, was eine gefährliche Unterscheidung und potenziell fatal für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sein kann. Die oft relativierte Gewalt gegen die AfD birgt die Gefahr, die Gewaltbereitschaft gegen vermeintliche Feinde der Verfassung zu legitimieren und damit das demokratische Fundament zu untergraben. Es ist entscheidend, dass die Gesellschaft Gewalt in keiner Form toleriert, unabhängig von politischer Ausrichtung oder Überzeugung.