Suhl

Ostdeutsche Wahrnehmung: 59% fühlen sich als Bürger zweiter Klasse

Vor der Thüringen-Wahl 2024 zeigt eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, dass 59 Prozent der Ostdeutschen sich als Bürger zweiter Klasse fühlen, was die Diskriminierung und das negative Image der Thüringer als „asozial“ verstärkt und somit die politische Stimmung im Osten beeinflusst.

Eine alarmierende Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach hat ergeben, dass 59 Prozent der Bewohner Ostdeutschlands sich als Bürger zweiter Klasse empfinden. Diese erschreckenden Werte werfen ein Schlaglicht auf die tief verwurzelten Ungleichheiten zwischen Ost und West, selbst 34 Jahre nach der Wiedervereinigung. So geht es am 1. September bei der bevorstehenden Wahl zum Thüringer Landtag nicht nur um politische Machtverhältnisse, sondern auch um ein Gefühl der Gerechtigkeit und Gleichheit, das viele Thüringer dringend einfordern.

In Thüringen, einem Bundesland, das oft als Mikrokosmos der gesamtdeutschen Realität angesehen wird, sind die Vorurteile und Klischees gegen Ostdeutsche nach wie vor präsent. Bei einem Besuch in Erfurt beschreibt ein junger Mann, der nach der Wende geboren wurde, seinen Wunsch nach mehr Gerechtigkeit und einer Angleichung der Löhne zwischen Ost- und Westdeutschen. Er berichtet, dass er in Westdeutschland deutlich höhere Gehälter verdient hat, was ihn zu der Überzeugung bringt, dass die Diskriminierung der Menschen aus dem Osten weiterhin tief verankert ist.

Vorurteile und ihre Auswirkungen

Der Mann teilt seine frustrierende Erfahrung, dass Ostdeutsche in den Medien häufig in einem negativen Licht dargestellt werden. „Wenn man liest, dass der Osten nur aus Nazis oder aus kaputten, dummen Menschen besteht, ist das natürlich kein positives Bild für uns Thüringer“, sagt er. Besonders das Vorhandensein eines Dialekts könne die Wahrnehmung zusätzlich verschärfen. Dies führt zu einem signifikanten Gefühl der Benachteiligung und Ungerechtigkeit unter den Ostdeutschen.

Eine Frau, die in Suhl zu uns sprach, bringt eine ähnliche Perspektive ein. Nach 25 Jahren in der sozialen Branche weiß sie um die Vorurteile, die oft von westdeutschen Kollegen gegenüber den Ostdeutschen gehegt werden. Sie hebt hervor, dass die positive Arbeit, die viele Ostdeutsche leisten, in der Berichterstattung oft ignoriert wird. „Das, was gerade mit uns passiert, fühlt sich an wie Rufmord“, sagt sie und betont, dass dies nicht der Realität der Thüringer entspreche. Bei der Diskussion rund um die AfD erblickt sie eine gefährliche Simplifizierung der komplexen Verhältnisse in Thüringen, die nicht dem entspricht, was sie als reale Erfahrungen gemacht hat.

Sichtweise auf das politische Klima

Ein älterer Befragter, der vor der Wende geboren wurde, erinnert sich an eine Zeit der Aufbruchsstimmung und propagiert den Wunsch nach einem solchen Umbruch auch heute. Er empfindet einen spürbaren Unmut im Osten und verbindet diesen mit dem Erstarken der AfD. Seiner Meinung nach ist es nötig, nicht nur die Stimmen zu hören, die aus der Wut heraus sprechen, sondern auch die positiven Veränderungen und Fortschritte, die in der Region sowohl früher als auch heute stattfinden.

Die Mehrheit der Befragten ist sich einig: Die Ungleichheit zwischen den beiden Teilen Deutschlands ist immer noch real. Dies spiegelt sich insbesondere in der Art wider, wie über Ostdeutsche berichtet wird. Der überwiegende Teil der Umfrageteilnehmer hat angegeben, eine Ungleichbehandlung wahrzunehmen, was nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein bedeutendes politisches Thema für die bevorstehende Wahl darstellt. Die Thüringer Wähler scheinen klar zu machen, dass sie nicht länger auf den marginalisierten Status hingehalten werden möchten – die Frage bleibt, wie sich dies in den Wahlergebnissen am 1. September niederschlagen wird.

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