Im thüringischen Artern herrscht dringender Bedarf an Hausärzten, was Bürgermeister Torsten Blümel (Linke) zunehmend besorgt. Nachdem kürzlich sein Zahnarzt in den Ruhestand gegangen ist, steht nun auch der Hausarzt vor dem Ende seiner Karriere im Juni. Dies könnte dazu führen, dass auf nur zwei verbleibende Hausärzte 8.000 Einwohner kommen. Blümel hat bereits Verhandlungen mit einem interessierten Mediziner aufgenommen, der den freiwerdenden Platz übernehmen könnte. Aktuell betreut der Allgemeinmediziner Alexander Peschka 1.600 Patienten, was über dem Durchschnitt in Thüringen liegt.

Das Problem ist nicht einmalig, sondern betrifft Thüringen insgesamt. Aktuell sind 112 Hausarztstellen unbesetzt, was eine Steigerung von etwa 30 Sitzen im Vergleich zu vor zwei Jahren darstellt. Besonders viele offene Stellen befinden sich im Raum Greiz (18), Wartburgkreis (13) und Altenburger Land (12) sowie in anderen ländlichen Gebieten. Im Kyffhäuserkreis hingegen ist die Situation mit sechs offenen Arztstellen vergleichsweise stabil, was die Entwicklung eines regionalen „Masterplans Gesundheit“ notwendig macht.

Der Masterplan Gesundheit

Der Kreistag des Kyffhäuserkreises hat im Juni 2023 diesen umfassenden Plan verabschiedet, der mit einem jährlichen Budget von 145.000 Euro versehen ist und elf zentrale Punkte zur Verbesserung der medizinischen Versorgung umfasst. Ein zentrales Element ist die Berufung von Sylvia Fonfara als Arztlotsin, die leidenschaftlich daran arbeitet, Ärzte und medizinisches Personal zu gewinnen. Unter anderem vermittelt sie Medizin-Studenten für Praktika in den Praxen und kooperiert mit Kommunen, niedergelassenen Ärzten sowie der Kassenärztlichen Vereinigung.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Masterplans ist die Förderung von Weiterbildung für Ärzte. So können medizinische Fachangestellte ein Bachelor-Studium zum „Physician Assistant“ absolvieren. Diese Berufsausbildung ermöglicht es ihnen, Anamnesen zu erheben, Patienten aufzuklären und Ärzte bei administrativen Aufgaben zu entlasten. Peschka unterstützt diese Initiative, indem er eine seiner medizinischen Fachangestellten in das Studium schickt.

Politische Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung

Das neue Gesetz ermöglicht es außerdem, Studierende an der Friedrich-Schiller-Universität Jena über Vorabquoten zuzulassen, wenn sie sich verpflichten, in Regionen zu arbeiten, die besonderen öffentlichen Bedarf haben. Diese Regelung wird dazu beitragen, dass junge Ärzte in unterversorgten Gebieten in Thüringen arbeiten, mit einer Verpflichtung von mindestens zehn Jahren.

Die Auswirkungen des Ärztemangels

Die Situation wird durch Faktoren wie wenig attraktive Arbeitsbedingungen in ländlichen Regionen, hohe Kosten für die Praxisgründung und -ausstattung sowie eine zunehmende Teilzeitarbeit weiter verschärft. Laut Schätzungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung könnte Thüringen bis 2040 mit einem Ärztemangel von 30.000 bis 50.000 Ärztinnen und Ärzten konfrontiert werden. Der Generationswechsel trifft vor allem ländliche Gebiete, wo viele Ärzte in den Ruhestand gehen, während junge Mediziner eher in städtische Ballungsräume ziehen.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ergreifen Kommunen konkrete Maßnahmen. Dazu zählen finanzielle Anreize für angehende Ärzte sowie die Bereitstellung bezahlbarer Wohnmöglichkeiten und die Förderung der Telemedizin. Neun Bundesländer haben bereits eine „Landarztquote“ eingeführt, um gezielt Studienplätze für Landärzte bereitzustellen und deren Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Die Situation in Artern ist ein Beispiel für die weitreichenden Probleme der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum, die nicht nur Thüringen, sondern auch andere ostdeutsche Bundesländer betreffen. Ein aktives Handeln von Politik und Gemeinden ist gefordert, um die flächendeckende Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten.