Amir Khan Muttaqi, der Außenminister der Taliban, hat jüngst seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei der Rücknahme afghanischer Geflüchteter aus Deutschland geäußert. In diesem Zusammenhang fordern die Taliban jedoch eine konsularische Vertretung in Deutschland. Abdul Kahar Balchi, Sprecher des Taliban-Außenministeriums, betonte die Absicht, konsularische Dienste für Afghanen in Deutschland wieder aufzunehmen. Besonders pikant ist die Ablehnung der Taliban gegenüber irregulären Verfahren, die Afghanistan umgehen und die durch Nachbarländer wie Pakistan führen könnten. Dies sehen sie als Verstoß gegen geltende Konventionen. Balchi erklärte, dass die Bestrafung von Straftätern nach ihrer Ankunft in Afghanistan durch bilaterale Gespräche geregelt werden solle.
Kritiker äußern Bedenken über solche Gespräche, insbesondere in Anbetracht der vorangegangenen Vorfälle. So kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser Abschiebungen nach Afghanistan an, nachdem ein junger afghanischer Mann in München mit seinem Auto in einen Demonstrationszug fuhr und mindestens 28 Menschen verletzte, einige davon schwer. Der Mann war ein abgelehnter Asylbewerber, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bestätigte.
Konsularische Herausforderungen
Die Taliban haben zudem bekannt gegeben, dass sie zunehmend keine Pässe oder Visa akzeptieren, die von afghanischen Vertretungen in westlichen Ländern ausgestellt wurden. Betroffene Länder sind unter anderem Deutschland, Belgien, Frankreich sowie viele weitere europäische Staaten und Kanada. Diese Entscheidung, dass alle Arten von Dokumenten nicht mehr anerkannt werden, basiert auf der Behauptung, dass die Vertretungen „ohne Koordination, willkürlich und die geltenden Prinzipien verletzend“ gehandelt haben.
In Bonn funktioniert das afghanische Konsulat seit der Machtübernahme der Taliban weitgehend wie eine private Firma. Täglich besuchen zwischen 200 und 300 Menschen das Konsulat, vor allem für Identitätsfeststellungen oder Passverlängerungen. Die Dokumente, die ausgestellt werden, tragen nach wie vor nicht den Titel „Islamisches Emirat“, sondern die altbekannten Bezeichnungen. Deutsche Ausländerbehörden akzeptieren diese alten Papiere momentan noch, was bei abgelaufenen Pässen eine fünfjährige Verlängerung ermöglicht. Die Dienstleistungen des Konsulats sind kostenpflichtig, wobei eine Identitätsfeststellung bis zu 70 Euro und eine Passverlängerung rund 100 Euro kostet. Interessanterweise finanziert sich das Konsulat selbst und deckt den Großteil seiner Kosten durch diese Dienstleistungen.
Die internationale Relevanz
Deutschland zählt zu den größten Aufnahmeländern für Afghanen, nach Pakistan und dem Iran. Ende 2023 lebten laut Statistischem Bundesamt knapp 420.000 Afghanen in Deutschland, wobei Schätzungen des Konsulats in Bonn eine Anzahl von bis zu 800.000 Afghanen nennen. Viele dieser Migranten benötigen afghanische Papiere zur Identifikation bei deutschen Ämtern.
Das Auswärtige Amt in Deutschland untersucht derzeit die möglichen Auswirkungen der neuen Ankündigungen der Taliban auf die rechtliche Situation der Afghanen im Land. Auch wenn Deutschland die Taliban-Regierung nicht anerkennt, werden deren Pässe und Dokumente derzeit akzeptiert. Ein Nicht-Anerkennen dieser Dokumente könnte jedoch erhebliche Schwierigkeiten für die deutschen Ausländerbehörden mit sich bringen, die Passersatzpapiere ausstellen müssten.
Inmitten dieser turbulenten politischen Lage bleibt die Frage nach der internationalen Anerkennung der Taliban entscheidend. Laut einem Bericht des Bundestags versuchen die Taliban, sich international zu etablieren, doch viele Botschaften verweigern bislang die Anerkennung, unter anderem aufgrund von Personal, das vor dem Machtwechsel entsandt wurde und die Taliban ablehnt. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Situation weiter entwickeln wird.