In Sütel, an der Ostseeküste, klafft ein zwei Meter tiefer Abgrund an einem Teil des Radwanderweges zwischen Grömitz und Großenbrode. Der Weg wurde während der Sturmflut im Oktober 2023 auf einer Länge von etwa 100 Metern weggerissen. Die anwesenden Akteure, darunter Bürgermeister Bernd Bruhn (CDU), Campingplatzbetreiber Christoph Wiese-Dohse und Jan Schiegnitz von der Interessengemeinschaft Sütel-Strand, sind sich einig: Der Weg ist eine bedeutende Verbindung und ein überregionales Touristenziel, dessen Wiederherstellung dringend nötig ist.
Die Situation ist jedoch kompliziert. Die Behörden haben den Wiederaufbau des Radwanderweges untersagt, was bei den Anwohnern auf Unmut stößt. Fußgänger müssen nun einen gefährlichen Umweg von 750 Metern über eine stark befahrene Straße in Kauf nehmen. Dies wird als besonders problematisch für Familien und ungeübte Verkehrsteilnehmer angesehen, wie Dr. Jan Schiegnitz beschreibt, der die Umleitung als „unzumutbar“ bezeichnet. Eine befürchtete Gefahr für die Sicherheit ist damit verbunden.
Naturschutz und öffentliche Interessen
Die Ablehnung des Wiederaufbaus durch die Naturschutzbehörde des Kreises und das Umweltministerium zieht sich insbesondere auf das Bundesnaturschutzgesetz zurück, das die Fläche als geschütztes Biotop klassifiziert. Die Behörden argumentieren, dass die geplante Anschüttung und Befestigung des Weges nicht mit den Zielen des Biotopschutzes vereinbar sei. Naturschützer weisen zudem auf wertvolle Pflanzenarten, darunter die geschützte Kartoffelrose, hin, die in diesem sensiblen Lebensraum vorkommen.
Die Gemeinde und die Anlieger haben sich bereit erklärt, die Kosten für den Wiederaufbau und die Sicherung des Weges selbst zu tragen. Ein Kompromissangebot seitens der Behörden sieht eine alternative, zurückgesetzte Wegführung vor, die jedoch von der Gemeinde als unzureichend betrachtet wird. Bürgermeister Bruhn betont, dass eine Verlegung des Weges ohne Sicherung keinen Sinn mache. Kommerzielle Interessen und die touristische Attraktivität stehen hierbei ebenfalls im Mittelpunkt der Diskussionen, da der Weg Touristen aus ganz Deutschland anzieht.
Ökologische Herausforderungen in Küstenregionen
Die Debatte um den Ostseeradwanderweg ist Teil eines größeren Problems, das die Küstenregionen Deutschlands betrifft. Diese sind nicht nur soziokulturell und ökologisch von Bedeutung, sondern auch für die regionalen Wirtschaften essenziell. Die intensive Nutzung der Meere und Küstenräume führt jedoch zu ökologischen Belastungen. Klimawandel und steigender Meeresspiegel stellen zusätzliche Herausforderungen dar, da der Küstenschutz höheren Wellen und Sturmfluten ausgesetzt ist. Laut dem Umweltbundesamt sind fortlaufende Monitoring-Indikatoren notwendig, um die spezifischen Risiken und Entwicklungen an den Küsten besser zu verstehen.
In Sütel sind die Diskussionen um den Radwanderweg weit davon entfernt, zu enden. Die Gemeinde, unterstützt von betroffenen Anwohnern und Interessengruppen, sieht die Rückkehr zu einer naturnahen Rekonstruktion durch Aufschüttung von Findlingen und Lehm als eine mögliche Lösung an. Ohne eine entsprechende Maßnahme könnte nicht nur die Infrastruktur und Attraktivität der Region gefährdet sein, sondern auch die Lebensqualität der Einwohner leidet.
Die umstrittene Zukunft des Radwanderweges bleibt also ungewiss, während die Argumente sowohl von Naturschützern als auch von den Anwohnern ein spannendes Spannungsfeld zwischen ökologischen und öffentlichen Interessen schaffen. Es bleibt abzuwarten, wie die Behörden letztlich auf die vorgebrachten Sorgen reagieren werden.