In Deutschland wartet derzeit eine erschreckend hohe Anzahl von Menschen auf ein Spenderorgan. Aktuell sind es 8.260 Personen, die auf der bundesweiten Warteliste stehen, darunter über 930 in Baden-Württemberg. Die Situation ist alarmierend, insbesondere wenn man bedenkt, dass die durchschnittliche Wartezeit für eine Niere bei etwa acht Jahren liegt. Gesundheitsminister Manne Lucha hat deutlich gemacht, dass eine gesetzlich verankerte Widerspruchslösung für Organspenden notwendig ist, um dieser Krise entgegenzuwirken. Aktuell müssen die Menschen ihren Willen zur Organspende schriftlich oder mündlich mitteilen; andernfalls entscheiden die Angehörigen über die Spende. Dies ist besonders problematisch, da die Zahl der Organspender in Baden-Württemberg im letzten Jahr auf 132 gesunken ist, fünf weniger als im Vorjahr.

Die Organspenderquote in Baden-Württemberg liegt bei 11,8 Spendern pro eine Million Einwohner, was dennoch über dem bundesweiten Durchschnitt von 11,4 liegt. Diese Zahlen belegen, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine unterdurchschnittliche Organspenderrate aufweist und 2024 auf einem der hinteren Plätze rangiert. Laut verschiedenen Berichten haben 2.902 schwer kranken Patienten bundesweit durch Organspenden eine bessere Lebensqualität oder ein Weiterleben ermöglicht. Um die Situation zu verbessern, hat der Bundesrat im Juli 2024 einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Widerspruchslösung eingebracht, der im Bundestag zur Abstimmung stehen könnte.

Widerspruchslösung als Lösung?

Eine Widerspruchslösung würde bedeuten, dass jeder nach seinem Tod als Organspender gilt, sofern er nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Acht Bundesländer, darunter auch Baden-Württemberg, unterstützen diese Initiative. Claudia Wiesemann, Direktorin des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, äußert jedoch Bedenken, während andere Stimmen, wie die von Armin Grau, Mitglied des Gesundheitsausschusses, im Widerspruch ein großes Potenzial zur Erhöhung der Spenderzahlen sehen. Diese Lösung könnte auch dazu beitragen, die eklatante Diskrepanz zwischen der Anzahl der Wartenden und der Organspender zu verringern.

Warten auf ein Spenderorgan

Die Notwendigkeit einer Reform wird besonders deutlich, wenn man die Verteilung der benötigten Organe betrachtet. Ende 2022 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 966 Organe benötigt: 723 Nieren, 108 Lebern, 44 Lungen und 60 Herzen. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland insgesamt 3.646 Organe transplantiert, wobei die Niere das am häufigsten transplantierte Organ war. Trotz der steigenden Anzahl an gespendeten Organen in Baden-Württemberg, die 2023 auf 417 stiegen, bleibt die Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot unübersehbar.

Die Herausforderung im Rahmen der Organspende ist nicht nur ein nationales, sondern auch ein europäisches Problem, das eng mit der Frage der gesetzlichen Regelungen verknüpft ist. Während in Deutschland noch die Zustimmungslösung gilt, haben viele europäische Länder wie Spanien bereits eine Widerspruchslösung etabliert. Dort liegt die Organspenderquote mit über 46 Spenden pro eine Million Einwohner deutlich höher.

Um die Situation zu verbessern und die Spenderzahlen zu erhöhen, wird ein Umdenken in der Politik und der Gesellschaft dringend benötigt. Ein Beispiel für den Fortschritt in dieser Richtung ist das digitale Organspenderegister, das im März 2024 eingeführt wurde und mittlerweile rund 180.000 Eintragungen verzeichnete. Dennoch bleibt die Aufklärungsarbeit über Organspenden eines der größten Hindernisse, um notwendige Veränderungen herbeizuführen.

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