Die Stadt Stralsund hat einen bedeutenden Beschluss gefasst, der die Rückgabe von NS-Raubkunst an die rechtmäßigen Besitzer betrifft. Die Bürgerschaft stimmte einstimmig für die Maßnahme, die eine gründliche Prüfung der Besitzverhältnisse und Rückgabe der Kulturgüter, die zwischen 1933 und 1945 unrechtmäßig in den Besitz der Stadt gelangten, vorsieht. Oberbürgermeister wird nun beauftragt, diese Objekte zurückzugeben, die das Stralsund Museum derzeit beherbergt. Zu den betroffenen Werken zählen unter anderem Objekte, die aus den Beständen des jüdischen Antiquars John Horneburg und einer Freimaurerloge stammen, sowie ein Gemälde, das möglicherweise ebenfalls widerrechtlich erworben wurde, als ein Stralsunder Kriegsteilnehmer es 1944 aus Italien mitbrachte und dem Museum übergab.
Die Rückgabe dieser Kunstwerke ist Teil einer breiteren Bewegung zur Restitution von Raubkunst, die während der NS-Zeit geraubt wurde. Schätzungen zufolge wurden zwischen 1933 und 1945 etwa 600.000 Kunstwerke geraubt, wobei der Großteil dieses Raubs die jüdische Bevölkerung betraf. Die Washingtoner Erklärung von 1998, der 44 Staaten beigetreten sind, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Auffindung und Rückgabe dieser Kunstwerke. Bis heute sind über tausend Kunstwerke aus verschiedenen Ländern restituiert worden.
Prüfung der Einzelfälle
Im Rahmen des Beschlusses der Stralsunder Bürgerschaft wird betont, dass die Stadt sich um gerechte und faire Lösungen in jedem einzelnen Fall bemühen soll. Dies ist besonders relevant, da die Herkunft und die rechtmäßigen Eigentümer vieler Kunstwerke oft unklar sind. Eine gründliche Provenienzforschung wird in diesem Zusammenhang als zentral erachtet, um die Ansprüche auf Rückgabe zu überprüfen.
Die Thematik der Restitution von NS-Raubkunst zieht sich durch die deutsche Nachkriegsgeschichte und erfordert kontinuierliche politische sowie gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele geraubte Kunstwerke von den alliierten Besatzungsmächten gesichert, aber die rechtmäßigen Eigentumsverhältnisse sind häufig komplex und oft unzureichend dokumentiert. In Deutschland sind daher die Regelungen zu Rückgaben nicht einheitlich, was die Rückführung von Kunstwerken erschwert.
Fortschritte und Herausforderungen
In den letzten Jahrzehnten wurde in Deutschland und anderen Ländern wie Österreich und Frankreich an einer besseren Regelung zur Rückgabe von Raubkunst gearbeitet. In Deutschland wurde 2003 eine beratende Kommission zur Klärung von Rückgabefällen gegründet, während die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste in Magdeburg geschaffen wurde, um die Rückgabe derartiger Objekte voranzutreiben.
Insgesamt bleibt die Rückgabe von NS-Raubkunst ein herausfordernd, aber notwendiger Prozess. Der Beschluss in Stralsund ist ein bedeutender Schritt in Richtung Gerechtigkeit für die Nachkommen der Opfer und zeigt, dass die Thematik der Restitution von Raubkunst in der heutigen Zeit nach wie vor von hoher Relevanz ist. Die Stadt Stralsund kann als Beispiel für andere Städte dienen, die ähnliche Schritte in Erwägung ziehen sollten.