Steuerhinterziehung bleibt ein ernstzunehmendes Problem in Deutschland, mit weitreichenden finanziellen Folgen für den Staat. Laut Florian Köbler, dem Vorsitzenden der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, belaufen sich die jährlichen Verluste durch Steuerhinterziehung auf etwa 100 Milliarden Euro. Diese Summe setzt sich insbesondere aus zwei Hauptkomponenten zusammen: Zum einen sind es alltägliche Betrügereien in bargeldintensiven Branchen, die jährlich auf etwa 15 Milliarden Euro geschätzt werden, beispielsweise in Restaurants oder Nagelstudios. Zum anderen verursacht das Umsatzsteuerkarussell, ein seit über 30 Jahren bestehendes Problem, einen Verlust von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr.
Ein zentrales Problem ist, dass die Tendenz zur Steuerhinterziehung offensichtlich ansteigt, während andere Länder effektiver gegensteuern. Das Umsatzsteuerkarussell, das als ein verbreitetes Modell der organisierten Steuerhinterziehung gilt, funktioniert durch grenzüberschreitende Lieferungen. Hierbei können Unternehmer Vorsteuer abziehen, während die berechnete Umsatzsteuer nicht an den Fiskus abgeführt wird. Nach Schätzungen entgehen dem deutschen Fiskus jährlich zwischen 5 und 14 Milliarden Euro durch dieses System, dessen Aufdeckung oft schwierig gestaltet ist.
Umsatzsteuerkarussell im Detail
Das klassische Umsatzsteuerkarussell erfordert mindestens drei Unternehmer. Diese agieren in einem ausgeklügelten System: Unternehmer 1 kauft Waren im EU-Ausland, zieht einen Vorsteuerabzug und verkauft die Ware steuerfrei in Deutschland. Unternehmer 2, der sogenannte „missing trader“, empfängt die Ware, erhält ebenfalls einen Vorsteuerabzug und verkauft die Ware umsatzsteuerpflichtig weiter. Der dritte Unternehmer zieht dann die Vorsteuer ab und erhält Zahlungen vom Finanzamt, während die Umsatzsteuer von Unternehmer 2 nicht entrichtet wird.
Diese Art der Steuerhinterziehung führt zu schwerer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Absatz 3 Nummer 5 AO, wofür Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren verhängt werden können. Da die Abwicklung oft innerhalb eines einzigen Voranmeldungszeitraums und über verschiedene Finanzämter und Länder erfolgt, bleibt diese Betrugsmasche für die Behörden schwer aufdeckbar. Die Beteiligten nutzen oftmals kleine, aber kostspielige Gegenstände, wie Smartphones oder Uhren, um hohe Beträge im Rahmen des Umsatzes zu erlangen.
Politische Konsequenzen und aktuelle Diskussionen
Die anhaltende Steuerhinterziehung hat auch Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Aktuell besteht eine Milliardenlücke, deren politische Behandlung von streitenden Koalitionsparteien geprägt ist. Diskutierte Optionen umfassen unter anderem Kürzungen beim Bürgergeld sowie eine Reduzierung der Unterstützung für die Ukraine. In den letzten Monaten mangelte es an innovativen Ideen zur Lösung dieser Haushaltsproblematik, und das Thema Steuerhinterziehung wird in der politischen Diskussion oft vernachlässigt.
Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt die gesamte Steuerhinterziehung in Deutschland auf 50 Milliarden Euro jährlich. Angesichts dieser Faktoren ist es dringend erforderlich, effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung zu entwickeln und umzusetzen. Andernfalls wird die Ungleichheit zwischen den Ländern in der Bekämpfung von Steuerbetrug weiter zunehmen, was letztlich auch die Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen in Deutschland gefährdet.
Für weitere Informationen zu diesem Thema lesen Sie die Berichte von MDR, Juhn und Süddeutsche.