Am 22. Januar 2025 wird der Jahrestag des Élysée-Vertrags gefeiert, doch die deutsch-französischen Beziehungen unter der Führung von Kanzler Olaf Scholz stehen auf einem Tiefpunkt. Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron sind gefordert, die inneren Konflikte in der Europäischen Union zu überwinden, besonders angesichts der dringenden Notwendigkeit eines starken Zusammenhalts zwischen den beiden größten Mitgliedstaaten.

Die EU sieht sich mehreren Herausforderungen gegenüber: der Unterstützung der Ukraine, dem Wettbewerb mit China sowie dem schwierigen Umgang mit den USA während der Präsidentschaft von Donald Trump. Hinzu kommen neue Schwierigkeiten, wie drohende Zölle, anhaltende Nahost-Konflikte und ein aufgekündigtes Klimaabkommen. Scholz und Macron haben sich zwar um Einigkeit bemüht und ihrem jüngsten Treffen in Paris wurde eine Botschaft der europäischen Souveränität zugeschrieben, doch mangelt es an einer klaren Strategie, um die bestehenden Differenzen zu überwinden. Politikwissenschaftlerinnen wie Jeanette Süß vom Institut für Internationale Beziehungen in Paris beschreiben das deutsch-französische Verhältnis als angespannt, trotz einem politischen Willen zur Verbesserung.

Herausforderungen in der Zusammenarbeit

Die innerpolitischen Umstände, unter denen beide Politiker agieren, sind nicht zu unterschätzen. Sie sehen sich dem Druck von Rechtspopulisten gegenüber, die internationale Solidarität als Verrat an den Nationalinteressen darstellen. Während Scholz in seiner Amtszeit nur schwer an den Erfolgen von Angela Merkel anknüpfen konnte, wird der ehemalige Kanzler in Brüssel und Paris als integrale Figur der deutsch-französischen Freundschaft vermisst. Merkel genoss das Vertrauen beider Seiten, ein Vertrauen, das Scholz bislang wenig aufbauen konnte.

Problematisch bleibt zudem die strategische Ausrichtung in der Verteidigung und Sicherheitspolitik. Die deutsche Politik zeigt sich in dieser Hinsicht oftmals unentschlossen, was in den letzten Jahren zu einer unsicheren Haltung gegenüber dem Begriff „German Vote“ geführt hat. Scholz‘ Rede zur Zeitenwende wurde als zu zaghaft kritisiert, obwohl Deutschland in den letzten drei Jahren der größte Waffenlieferant war. Ein deutsch-französischer Schulterschluss bleibt unverzichtbar für den Zusammenhalt Europas.

Inhaltliche Differenzen und Kooperationen

Ein zentrales Thema der Zusammenarbeit ist die Verteidigung. In den letzten Tagen haben Scholz und Macron über Schlüsselprojekte wie ein neues Luftwaffensystem und das gemeinsame Panzersystem Main Ground Combat System (MGCS) gesprochen. Dennoch bleibt das Raketenabwehrsystem Arrow 3 umstritten: Deutschland favorisiert israelische und amerikanische Technologien, während Frankreich auf eine Kooperation mit Italien setzt. In der Energiepolitik haben beide Länder Fortschritte erzielt und einen Deal zur gegenseitigen Versorgung mit Gas und Strom geschlossen, jedoch sind die Unterschiede hinsichtlich der Atomenergie unübersehbar: Deutschland plant den Ausstieg, während Frankreich den Ausbau der Kernkraft vorantreibt.

Die Migrationspolitik ist ein weiteres spannungsreiches Thema. Während Deutschland enge Beziehungen zu osteuropäischen Staaten pflegt, nimmt Frankreich eine vermittelnde Rolle zwischen Südeuropa und den Maghrebstaaten ein. Der letzte Staatsbesuch von Macron musste kurzfristig abgesagt werden, was die Schwierigkeiten in der bilateralen Beziehung unterstreicht. Beide Nationen stehen vor der Herausforderung, unterschiedliche Interessen in der Krisenbewältigung in Nordafrika und dem Mittleren Osten in Einklang zu bringen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass trotz der Bemühungen um eine engere Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich, viele Hürden bestehen bleiben. Die divergierenden Interessen in der Außen- und Sicherheitspolitik, etwa im Hinblick auf die NATO-Mitgliedschaft und den Umgang mit internationalen Kampfeinsätzen, zeigen, dass die deutsch-französische Freundschaft weiterhin auf eine harte Bewährungsprobe gestellt wird.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um herauszufinden, ob Scholz und Macron die notwendigen Schritte einleiten können, um die unerlässliche Zusammenarbeit zu stärken und die EU in die richtige Richtung zu lenken.

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