Im seit mehr als einem Jahr laufenden Mordprozess gegen einen Heilpraktiker aus Schleswig-Holstein hat das Landgericht Flensburg das Verfahren wegen zusätzlich angeklagter Sexualdelikte auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die erwarteten Strafen für die Sexualdelikte fielen neben einer möglichen lebenslangen Haftstrafe für Mord nicht signifikant ins Gewicht, erklärte das Gericht.
Der beschuldigte Heilpraktiker aus dem Landkreis Schleswig-Flensburg soll seine schwer kranke Frau mit einer Überdosis Medikamenten und zwei Messerstichen umgebracht haben, nachdem eine Patientin ihn wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt hatte. Laut Anklage hat der Mann in den Jahren 2014 bis 2022 insgesamt sechs Patientinnen sexuell missbraucht, unter anderem durch nicht medizinisch gerechtfertigte Maßnahmen im Intimbereich.
Die Staatsanwaltschaft begründete den Antrag auf Einstellung der Verfahren in den Vergewaltigungsfällen unter anderem mit zeitlichen Erwägungen. Für die Aufklärung der Vergewaltigungsvorwürfe wäre eine umfangreiche Beweisaufnahme nötig, während das Beweisprogramm zum Mordvorwurf bald abgeschlossen sein werde. Das Gericht hielt die Vergewaltigungstaten im Vergleich zu anderen Vorgängen als weniger belastend für die Betroffenen.
In dem Prozess gab es bereits mehrere Wendungen, unter anderem wurde der Beschuldigte aufgrund fehlenden dringenden Tatverdachts aus der Untersuchungshaft entlassen. Später wurde er jedoch wieder inhaftiert, da das Gericht erneut von einem dringenden Tatverdacht wegen Mordes ausging und zudem „sexualisierte Behandlungsmethoden“ in seiner Praxis sowie das Anfertigen von Nacktfotos von Patientinnen feststellte.