In Philadelphia, einer Stadt, die sich selbst als die „Mural Hauptstadt“ der USA bezeichnet, sind über 4.500 große Wandgemälde, auch „Murals“ genannt, zu finden. Diese einzigartige Form der Kunst prägt das Stadtbild und wird seit 1984 durch die von Künstlerin Jane Golden ins Leben gerufene „Mural Arts“-Kampagne gefördert. Jährlich kommen bis zu 100 neue Wandgemälde hinzu, an denen über 25.000 engagierte Bürgerinnen und Bürger mitarbeiten, um ihre Gemeinschaften durch Kunst zu revitalisieren. Die Kampagne verfolgt das Ziel, illegale Graffiti in öffentliche Kunst umzuwandeln und damit das Stadtbild positiv zu beeinflussen.

Die künstlerische Gestaltung der Murals erfolgt in enger Zusammenarbeit: Künstler entwerfen die Werke, während die Anwohner die Standorte auswählen und die Umsetzungen gemeinsam realisieren. Besonders hervorzuheben sind Projekte wie „Healing Walls“, bei denen Täter und Opfer zusammenarbeiten, um Kunstwerke zu schaffen, die heilsam wirken. Unter den bekanntesten Murals sind „Declaration“ und „We the Youth“ von Keith Haring, die soziale Gerechtigkeit, Stadtgeschichte und lokale Helden thematisieren.

Innovative Ansätze

Jane Golden hat unter ihrer Leitung von Mural Arts Philadelphia über 4.000 Werke öffentlicher Kunst geschaffen und innovative Kooperationen mit verschiedenen Stadtbehörden entwickelt. Ihr Ansatz integriert neben der Kunst auch Programme zur Jugendbildung, restorative Gerechtigkeit und Verhaltensgesundheit. Golden ist national sowie international als Expertin für urbane Transformation durch Kunst anerkannt und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, darunter der Eisenhower Exchange Fellowship Award und der Trailblazer Award von Philadelphia Magazine. Sie hat zudem eine akademische Rolle als Adjunct Professor an der University of Pennsylvania inne.

Philadelphia ist nicht nur für ihre Murals berühmt, sondern auch aufgrund ihrer guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Deutsche Urlauber, die die Stadt besuchen möchten, benötigen eine elektronische Genehmigung (Esta) für die Einreise. Die besten Reisezeiten sind Frühling und Herbst, wenn das Wetter angenehm ist und die vielfältigen Kunstprojekte in ihrer vollen Pracht erstrahlen.

Kunst im öffentlichen Raum

Die Kunst im öffentlichen Raum, wie sie in Philadelphia praktiziert wird, ist für alle sichtbar und zugänglich, im Gegensatz zu klassischen Kunstwerken in Museen oder Privatbesitz. Diese Form der Kunst spricht auch Menschen an, die normalerweise wenig oder kein Interesse an Kunst zeigen. Sie bietet eine Plattform für gesellschaftliche Diskurse und dokumentiert historische sowie soziale Ereignisse. Die Wechselwirkungen mit dem Publikum sind vielfältig und reichen von Desinteresse bis hin zu aktiver Auseinandersetzung mit den Werken.

Die Auseinandersetzung mit Kunst im öffentlichen Raum hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Viele Menschen zeigen weniger Interesse an neuen Errichtungen oder interagieren nur sporadisch mit den Kunstwerken. Dies könnte an einer zunehmenden Komplexität der Kunstwerke, an Gewöhnung oder Desinteresse liegen. Dennoch bleibt die Kunst ein essentielles Medium zur Reflexion über die Gesellschaft und ihre Werte, auch wenn die Verständlichkeit und Zugänglichkeit neuerer Werke kritisch hinterfragt wird.