Neue Studien über das Verhalten von Bonobos zeigen, dass diese faszinierenden Tiere eine ausgeprägte Fähigkeit zur Empathie und Perspektivübernahme besitzen. Ein Experiment unter der Leitung von Doktorand Luke Townrow an der Johns Hopkins University in Baltimore hat bewiesen, dass Bonobos in der Lage sind, sich in die Sichtweise von Menschen hineinzuversetzen. In dem Versuch, der im Bonobo-Forschungszentrum Ape Initiative in Des Moines, Iowa, stattfand, wurde ein Bonobo vor einem Tisch platziert, auf dem Leckerbissen wie Trauben unter einem von drei Bechern versteckt waren. Die Reaktionen der Tiere waren bemerkenswert: Wenn Townrow den Versteckvorgang sehen konnte, warteten die Bonobos geduldig. In Momenten, in denen er es nicht konnte, zeigten sie jedoch schnell und demonstrativ auf den richtigen Becher, um ihn zu leiten.

Die Ergebnisse legen nahe, dass die Bonobos sich der Perspektive des Forschers bewusst waren und ihm dabei helfen oder sein Verhalten beeinflussen wollten. Obwohl unklar bleibt, welches Motiv hinter ihrem Verhalten steckt, könnte diese Fähigkeit zur Perspektivübernahme auf einen gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Schimpansen zurückzuführen sein, der vor etwa sechs Millionen Jahren lebte. Auffällig ist, dass das Verhalten von Bonobos Parallelen zu wildlebenden Schimpansen aufweist, die untereinander warnen, wenn Gefahr besteht. Diese Fähigkeiten geben einen faszinierenden Einblick in die sozialen Dynamiken innerhalb der Schimpansen-Gattung, die aus den beiden Arten Gemeine Schimpansen (Pan troglodytes) und Bonobos (Pan paniscus) besteht, die beide in den Wäldern der zentralen afrikanischen Region leben.

Emotionale Intelligenz der Bonobos

Die Fähigkeit der Bonobos zur Empathie wird von vielen Forschern als Teil ihrer emotionalen Intelligenz betrachtet, die möglicherweise sogar die der Menschen übersteigt. Vanessa Woods, eine renommierte Wissenschaftlerin, die sich intensiv mit diesen Tieren beschäftigt, hebt hervor, dass Bonobos im sozialen Miteinander eher friedliche Verhaltensweisen zeigen und Konflikte durch emotionale Bindungen und körperliche Interaktionen lösen. Im Gegensatz zu Menschen und Schimpansen zeigen Bonobos keine ausgeprägte Feindseligkeit gegenüber Fremden. Sie neigen dazu, sich stattdessen durch soziale Aktivitäten wie das Grooming zu verbinden.

Die emotionale Intelligenz der Bonobos ist nicht nur von Interesse für die Verhaltensforschung, sondern könnte auch Anreize geben, solche Eigenschaften auf menschliches Verhalten zu übertragen. Woods äußerte den Wunsch, die friedliche Natur der Bonobos zu verstehen und deren Verhaltensweisen möglicherweise als Modell für effektive Konfliktlösungsstrategien in der menschlichen Gesellschaft zu verwenden. Zudem ist die kritische Bedrohung dieser Art bemerkenswert: Schätzungen zufolge gibt es nur noch etwa 10.000 Bonobos in freier Wildbahn, was ihre Erhaltungsanstrengungen umso dringlicher macht.

Forschung zu Emotionen bei Tieren

Ein umfassenderes Verständnis von Emotionen bei Tieren steht im Fokus der aktuellen Forschung. Ein Team unter Dr. Marcela Benítez an der Emory University hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die die Ansichten von Tierverhaltensforschern zu Emotionen und Bewusstsein untersucht. Diese Umfrage ergab, dass eine überwältigende Mehrheit der Befragten (98 %) Emotionen ganz oder teilweise nicht-menschlichen Primaten zuschreibt, während 89 % dies für Säugetiere und 78 % für Vögel tun. Diese Einsichten eröffnen neue Perspektiven für die Forschung zu tierischem Verhalten und Emotionen.

Die Herausforderungen bei der Definition von Emotionen sind vielfältig, da es oft schwierig ist, emotionale Zustände in einem wissenschaftlichen Kontext zu messen. Die Forscher erkennen die Notwendigkeit an, emotionale Erfahrungen von Tieren zu erforschen, ohne in anthropomorphen oder anthropodenialistischen Fallstricke zu tappen. Die künftige Forschung könnte durch die Integration moderner Technologien wie Künstliche Intelligenz und Gesichtserkennungssoftware bereichert werden, wodurch die Analyse tierischen Verhaltens erheblich verbessert wird und gleichzeitig die ethischen Implikationen der Forschung in Betracht gezogen werden müssen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entdeckungen rund um das Verhalten und die emotionale Intelligenz der Bonobos nicht nur bedeutsam für das Verständnis der Gattung selbst sind, sondern auch für breitere Gespräche über das Bewusstsein und die emotionalen Fähigkeiten von Tieren im Allgemeinen. Sie verdeutlichen die Komplexität und Tiefe der emotionalen Welt nicht-menschlicher Tiere und fordern dazu auf, diese Aspekte bei der Forschung zu berücksichtigen, während der Schutz dieser bedrohten Art von größter Bedeutung bleibt. Diese Erkenntnisse könnten auch tiefere Einblicke in die evolutionären Wurzeln gesellschaftlicher und emotionaler Kompetenzen beim Menschen bieten.

Weitere Informationen finden Sie in den Berichten von kn-online, PBS und wildbeimwild.