In Schleswig-Holstein haben anonyme Drohbriefe, die an Persönlichkeiten aus Politik, Medien und Kirchen verschickt wurden, für Aufregung gesorgt. Der Absender dieser Briefe nennt sich „Sturmfront Schleswig-Holstein – Patriotischer Untergrund der AfD und Bauernschaft“ und verwendet dabei ein Bild einer Kalaschnikow sowie das Parteisymbol der AfD. Am Seitenfuß der Briefe ist das Zeichen der Landvolk-Bewegung abgebildet. Der Kieler Oberstaatsanwalt Henning Hadeler betonte in einer Stellungnahme, dass die Behörden diese Schreiben ernst nehmen und die Betroffenen entsprechende Beratung erhalten. Die Staatsschutzkommission des Landeskriminalamtes hat bereits Ermittlungen gegen Unbekannt wegen Verdachts der Bedrohung eingeleitet, da die Gruppierung „Sturmfront Schleswig-Holstein“ den Behörden bisher nicht bekannt ist.
Das Innenministerium Schleswig-Holstein hat bislang keine Angaben zur Anzahl der verschickten Briefe gemacht, während der Verfassungsschutz eigene Maßnahmen zur Aufklärung eingeleitet hat. Die Ministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hob die hohe Priorität und Sensibilität bei der Bearbeitung dieser Drohschreiben hervor. Zu den Adressaten gehören unter anderem Serpil Midyatli (SPD) und Lasse Petersdotter (Grüne), die beide öffentlich zur Wachsamkeit aufgerufen haben und den Wunsch äußern, den Urheber zu finden. Auch die AfD selbst hat sich von den Drohbriefen distanziert, da deren Name und Logo ohne Zustimmung verwendet wurden. Landeschef Kurt Kleinschmidt erklärte, dass solche Äußerungen gegen die demokratischen Prinzipien gerichtet seien.
Reaktionen und Drohungen gegen die Zivilgesellschaft
Der Itzehoer Propst Steffen Paar ist ein weiteres prominentes Opfer der Drohbriefe. Er erhielt einen anonymen Brief, in dem seine Homosexualität sowie seine Position zur Klimapolitik und Migration thematisiert wurden. Der Brief enthält bedrohliche Formulierungen, wie „Wir wissen, wo Sie wohnen“ und „Wir werden des Volkes Stimme Gehör verschaffen“. Paar möchte sich von den Drohungen nicht einschüchtern lassen und äußerte, dass er und sein Mann keine Angst haben. Christoph Paar, sein Ehemann, teilte den Drohbrief in sozialen Medien, wo er tausendfach verbreitet wurde.
Zusätzlich erhielt der NDR einen ähnlichen Drohbrief und erstattete Anzeige. Auch die Politiker Midyatli und Petersdotter haben rechtliche Schritte eingeleitet. Der Bauernverband Schleswig-Holstein hat sich ebenfalls von den Vorgehensweisen der geheimnisvollen „Sturmfront“ distanziert, und die Polizei sowie der Verfassungsschutz sind aktiv eingeschaltet worden. Das Landeskriminalamt hat Betroffene dazu aufgerufen, Drohbriefe zur Anzeige zu bringen und sie spurenschonend an die Polizei zu übergeben.
Der Kontext von Extremismus in Schleswig-Holstein
Die Vorfälle stehen im Kontext einer besorgniserregenden Entwicklung in Schleswig-Holstein, wo der Verfassungsschutz bereits auf einen Anstieg politisch motivierter Kriminalität hinwies. Der jüngste Verfassungsschutzbericht dokumentiert die zunehmende Nutzung digitaler Plattformen durch Extremisten, was die Gefahrenlage verstärkt. Im Internet hat sich ein Raum etabliert, der vermehrt zur Agitation und Mobilisierung genutzt wird. Rechtsextreme Gruppierungen, wie die „Atomwaffendivision Deutschland“ und andere, stellen eine ernsthafte Bedrohung dar, während die Beobachtungskapazitäten des Verfassungsschutzes im Cyberraum ausgebaut wurden.
Die Berichte über steigende antisemitische Straftaten und eine hohe Aggressionsbereitschaft bei linksextremen Gruppen verdeutlichen das Spannungsfeld, in dem sich die Akteure der Zivilgesellschaft bewegen. In den sozialen Medien wird bereits heftig diskutiert, einige Nutzer vermuten sogar eine bewusste Inszenierung der Drohbriefe. Gleichzeitig fanden in Schleswig-Holstein Demonstrationen für Demokratie und gegen einen Rechtsruck statt, bei denen Tausende von Menschen teilnahmen.