Am Rande des AfD-Bundesparteitags in Riesa kam es zu einem schweren Vorfall, bei dem der sächsische Linken-Abgeordnete Nam Duy Nguyen von einem Polizeibeamten geschlagen wurde. Der Abgeordnete war als Parlamentarischer Beobachter anwesend und verlor durch den Schlag kurzzeitig das Bewusstsein. Kevin Reißig, der Fraktionssprecher der sächsischen Linken, bestätigte den Vorfall, der nun ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt nach sich zieht.

Nguyen, der während des Protests gegen den AfD-Parteitag seinen Abgeordnetenausweis präsentierte und wiederholt auf sein Mandat hinwies, trug möglicherweise zum Zeitpunkt des Vorfalls keine Weste mit der Aufschrift „Parlamentarischer Beobachter“. Dies wurde jedoch von seiner Büroleiterin, Marlen Borchardt, entsprechend korrigiert. Als er seine Hände hob und rief „Parlamentarische Beobachtung“, alterierte sich die Situation, wodurch er und ein Begleiter im Gesicht verletzt wurden. Nguyen klagte nach dem Vorfall über Schmerzen am Kiefer und suchte ärztliche Hilfe auf.

Reaktionen von Polizei und Politik

Die Polizei Sachsen hat die Verletzungen der beiden Geschädigten dokumentiert und eine Anzeige aufgenommen. Polizeipräsident Lutz Rodig drückte sein Bedauern über den Vorfall aus und betonte, dass dies nicht die Absicht des polizeilichen Handelns war. Sachsens Innenminister Armin Schuster wurde über die Geschehnisse informiert und kündigte eine interne Untersuchung an. Er äußerte sich auch zu dem massiven Polizeieinsatz, der zur Sicherung des AfD-Parteitags und des damit verbundenen Rechts auf Versammlungsfreiheit erforderlich war. Dabei waren etwa 2.000 Beamte im Einsatz, und insgesamt registrierte die Polizei 34 Straftaten, darunter Körperverletzungen und tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte.

Die Linksfraktion fordert eine zügige Aufklärung des Vorfalls. Clara Bünger, eine Bundestagsabgeordnete der Linken, drängt auf eine lückenlose Untersuchung der Geschehnisse. Jan van Aken, ebenfalls Vorsitzender der Linken, hat bereits rechtliche Schritte gegen den Polizeibeamten angekündigt. Nguyen selbst bezeichnete den Vorfall als „sehr schlimme Erfahrung“ und berichtete, dass er nach dem Schlag ohnmächtig zu Boden gefallen sei.

Hintergrund und gesellschaftlicher Kontext

Dieser Vorfall wird vor dem Hintergrund umfangreicher Diskussionen über Polizeigewalt und den Umgang der Ordnungshüter mit Versammlungen gesehen. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung wird in den letzten Jahren immer wieder über illegitime Gewaltanwendung durch die Polizei diskutiert. Die Polizei hat zwar ein staatliches Gewaltmonopol, jedoch müssen Einsätze im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stehen, was in Fällen wie dem von Nguyen schwerwiegende Fragen aufwirft.

In den letzten zehn Jahren gab es einen Anstieg öffentlicher Debatten über Gewalt gegenüber Polizeibeamten, wobei 2018 etwa 38.109 Gewalttaten gegen diese registriert wurden. Im Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen rückt auch die Notwendigkeit der ständigen Überprüfung und der Verantwortung von Polizeibeamten in den Fokus. Das Augenmerk auf die Verwendung von Gewalt im Polizeidienst wird in der Gesellschaft zunehmend kritisch betrachtet.

Die Aufklärung des Vorfalls in Riesa könnte somit einen weiteren Schritt in der Auseinandersetzung mit den Themen Polizeigewalt, Rechte bei Versammlungen und die Mechanismen der Rechenschaftspflicht bedeuten.