Der Bartgeier, der größte Vogel der Alpen, hat in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Rückkehr seit seiner Ausrottung zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebt. Mit einer Population von rund 350 Exemplaren in den Alpen, die aus der Wiederansiedlung in den 1980er Jahren resultiert, ist der Bartgeier ein Erfolg der Naturschutzmaßnahmen. Durch gezielte Auswilderungen soll die genetische Vielfalt der Art weiter erhöht werden, da der Fortpflanzungserfolg und die Überlebensrate der Bartgeier hoch sind. Diese positive Entwicklung könnte sich in den nächsten zehn Jahren verdoppeln, sofern die Gefahren für diese majestätischen Vögel minimiert werden können.

Die Gefahren für die Bartgeier sind vielfältig und umfassen unter anderem Windräder, Stromleitungen, Seilbahnen und illegale Abschüsse. Pressesprecher Livio Rey weist darauf hin, dass die Standortwahl beim Bau von Windkraftanlagen entscheidend ist; bereits wenige hundert Meter können einen erheblichen Unterschied machen. Die Rotorblätter von Windkraftanlagen erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h, was für Bartgeier und andere Vögel schwer abzuschätzen ist. Modellrechnungen zeigen, dass bis zu neun zusätzliche Todesfälle pro Jahr die Population gefährden können.

Fortschritte in der Wiederansiedlung

Die Wiederansiedlung des Bartgeiers begann 1986 mit der Freilassung der ersten Jungvögel. Die erste erfolgreiche Brut in freier Wildbahn wurde 1997 verzeichnet. Trotz einer Studie aus dem Jahr 2009, die zu dem Schluss kam, dass keine weiteren Freilassungen nötig seien, um die Population zu erhalten, werden weiterhin junge Bartgeier ausgesetzt, um die genetische Diversität zu gewährleisten. So wurden seit 2021 im bayerischen Nationalpark Berchtesgaden mehrfach Bartgeier ausgewildert, während im Jahr 2023 das erste Männchen aus Österreich hinzugefügt wurde.

Im Nationalpark Hohe Tauern fanden 2023 Zählungen der Bartgeier statt, bei denen mindestens 24 Individuen in Österreich beobachtet wurden. Dies übersteigt die Zahlen von 2013 und entspricht dem Rekordjahr 2014, in dem ebenfalls 24 Bartgeier gezählt und zwei erfolgreiche Brutvorgänge dokumentiert wurden. Dr. Hans Frey hebt die Bedeutung eines freiwilligen Beobachternetzwerks hervor, das essenziell zur Überwachung der Bartgeier beiträgt.

Überlebensstrategien und Lebensweise

Bartgeier (Gypaetus barbatus) besitzen eine imposante Flügelspannweite von über 2,5 Metern und können in Zoos bis zu 50 Jahre alt werden. Ihre Ernährung besteht hauptsächlich aus den Knochen verendeter Tiere. Das integrierte Populationsmodell, das von der Vogelwarte, der Stiftung Pro Bartgeier und der Universität Bern entwickelt wurde, hilft, die Demografie der Bartgeier-Population in den Alpen besser zu verstehen. Es differenziert zwischen Kerngebieten, in denen der Fortpflanzungserfolg höher ist, und peripheren Regionen, die weiterhin auf Freilassungen angewiesen sind.

Die erfolgreiche Etablierung einer selbst erhaltenden Population erfordert jedoch die ständige Reduktion von potenziellen Todesursachen, um die Population in den peripheren Regionen zu stabilisieren. Während die Bartgeier große Gebiete durchstreifen – ein Beispiel ist Felix, der von Osttirol nach Cortina flog – ist die Mithilfe von Beobachtern notwendig, da nur ein Teil der Bartgeier mit Sendern ausgestattet ist.

In Anbetracht der Herausforderungen, mit denen die Bartgeier konfrontiert sind, bleibt der Naturschutz weiterhin gefordert, um die Stabilität und das Wachstum dieser beeindruckenden Vogelart zu sichern. Die kontinuierliche Überwachung durch engagierte Beobachter und die angemessene Planung von Windkraftanlagen sind entscheidend für die Zukunft der Bartgeier in den Alpen.

Für weitere Informationen werfen Sie einen Blick auf die Berichterstattung von Tagesspiegel, Vogelwarte und MeinBezirk.