Am Samstagabend, den 19. Januar 2025, wurde das Kulturhauptstadtjahr von Chemnitz feierlich eröffnet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnete die Veranstaltung um 19:03 Uhr auf einer Bühne in einer markanten Glas- und Lichtkuppel rund um das bekannte Marx-Denkmal, das auch als „Nischel“ bezeichnet wird. Diese sieben Meter hohe und 40 Tonnen schwere Büste von Karl Marx ist nicht nur ein Wahrzeichen der Stadt, sondern auch Teil ihrer geschichtlichen Identität, da Chemnitz von 1953 bis 1990 als Karl-Marx-Stadt bekannt war.

Die Stadt wurde 2020 mit dem Titel Kulturhauptstadt Europas ausgezeichnet, wobei das Motto für das Jahr „C the unseen“ lautet. Im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten wurden Veranstaltungen mit dem Titel „makers of democracy“ präsentiert, die sich auf Bürgernähe und Beteiligung konzentrieren. Das Budget für das gesamte Kulturhauptstadtjahr beläuft sich auf 90 Millionen Euro, aus denen Chemnitz lediglich ein Viertel finanziert, was die Dimension und die Erwartungen deutlich macht.

Umfangreiche Programme und Demonstrationen

Die Eröffnungsfeier umfasste diverse Veranstaltungen, darunter das Projekt „Tanzende Nachbarn“ sowie Live-Auftritte von Künstlern wie dem Filmregisseur Andreas Dresen und dem Schauspieler Alexander Scheer. Zudem gab der in Chemnitz lebende Friedenspreisträger Arba Manillah eine Hymne auf das Kulturhauptstadtjahr zum Besten. Steinmeier hielt eine Rede im Opernhaus, wo er eine Ausstellung über die Bergbautradition des Erzgebirges erwähnte. Im Vorfeld war die Teilnahme an der Eröffnung mit 80.000 Besuchern angekündigt worden, doch die tatsächliche Besucherzahl fiel enttäuschend aus.

Parallel zur Eröffnungsfeier fanden mehrere Demonstrationen statt, darunter eine Kundgebung von 350 rechtsextremen Teilnehmern der Gruppierung „Freie Sachsen“. Diese Mobilisierung stieß auf Widerstand, was zu einer größeren Gegenkundgebung führte und die angespannten gesellschaftlichen Verhältnisse in Chemnitz verdeutlichte. Trotz der Demonstrationen blieb das Interesse der Öffentlichkeit an den Eröffnungsveranstaltungen hoch, wobei auch die große Eröffnungsshow am Marx-Monument zehntausende Zuschauer anzog.

Preis und kulturelle Vielfalt

Ein weiterer Höhepunkt der Feierlichkeiten war die Verleihung des mit 1,5 Millionen Euro dotierten Melina-Mercouri-Preises durch die EU an Chemnitz. Während der Eröffnung wurden rund 150 Kulturprojekte vorgestellt, und etwa 1.000 Veranstaltungen sind im Laufe des Jahres geplant, die durch das Motto „C the unseen“ charakterisiert werden. Die Stadt erwartet, dass ihre kulturelle Entwicklung in den kommenden Monaten durch diesen Titel beflügelt wird.

Abgerundet wurde das Programm durch kulinarische Angebote, die in der „Küche der Nationen“ präsentiert wurden, sowie durch ein vielfältiges Bühnenprogramm, das bereits am Nachmittag um 16:00 Uhr begann. MDR und 3sat übertrugen die Feierlichkeiten live, während die Stadtverwaltung auf eine gute Organisation der Veranstaltung achtete, einschließlich Sicherheitsvorkehrungen und Parkmöglichkeiten für die Besucher.

In der kritischen Betrachtung der Unruhen und der rechtsextremen Vorfälle in der Vergangenheit erinnerte der ehemalige Stadtmarketingchef Sören Uhle daran, dass Chemnitz bei seiner Bewerbung um den Titel Mut bewiesen habe, um die Herausforderungen anzugehen, die die Stadt betreffen. Ob die Feierlichkeiten dauerhaft einen positiven Einfluss auf das gesellschaftliche Klima in Chemnitz ausüben können, bleibt abzuwarten.

Die Eröffnung stellt für Chemnitz einen wichtigen Schritt dar, sich kulturell neu zu definieren und sich den Herausforderungen, einschließlich der Bekämpfung rechtsextremistischer Strömungen, zu stellen. Aktuell wird die Stadt nicht nur als Kulturort, sondern auch als ein Labor für Demokratie und Integration wahrgenommen.