Bautzen

Theaterpremiere: Hinter den Kulissen des Bautzener Theatersommers – Ein Blick von der Reporterin zur Statistin

Mein erster Auftritt beim Theatersommer unter dem Blätterdach des Waldes

Wie fühlt es sich an, als Neueinsteiger beim Theatersommer in Bautzen dabei zu sein? Sächsische.de-Reporterin Julia Müller wagte den Schritt und erlebte ein Abenteuer voller Überraschungen.

Rotkäppchen war ich schon einmal. Die Kinder aus der Schule haben damals die Wölfe gespielt. Diese Erfahrung sollte eigentlich mein einziger Kontakt zur Bühne bleiben – oder nein, Rapunzel durfte ich auch einmal im Schultheater verkörpern. Es liegen viele Jahre zwischen dem damals auswendig gelernten Text und dem Satz „Bring mal die Requisiten und reich mir die Maske“.

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Helena Meier, die leitende Maskenbildnerin des Theaters, ist bekannt für klare Anweisungen. Es ist 18:15 Uhr. In weniger als drei Stunden steht mein erster Auftritt an – im Stück „Zauberwald – Eine Reise ins Unbekannte“ beim Theatersommer. Der Wind streicht durch die Baumkronen im Wald. Auf der Bühne sind die Schauspieler bereits in der Mitte ihrer Aufführung an diesem warmen Samstagabend. Ich hingegen sitze im Kostümraum.

Vor einiger Zeit hatte ich angefragt, ob ich als Neueinsteigerin eine Rolle übernehmen könnte. Kurz darauf erhielt ich die Information: „15. Juli, 18:30 Uhr Kostüm, 19 Uhr Maske, 20:30 Uhr Aufführung, 21:25 Uhr Auftritt Waldlichtung und Wasserfall“.

Die Rolle der Waldfee – ohne Dialog

In Windeseile werden meine Haare von Helena Meier unter einer Haube aus Nylon verstaut. Schnell verwandelt sich mein Aussehen. Die Anweisung lautet: Augen zu und Ruhe bewahren. „Wir machen hier alles professionell“, sagt die Maskenbildnerin. Meine Rolle ist die der Waldfee, glücklicherweise ohne Dialog. Auch als Rotkäppchen war ich am lieblichsten, wenn ich schweigend blieb.

Theatersprecher Peter Scholz schaut vorbei. „Fantastisch“, sagt er, während ich mit geschlossenen Augen sitze und Schwämme über mein Gesicht gleiten. Zum Schluss kommt die Perücke. „Halte bitte vorne an der Stirn fest“, sagt Helena Meier, setzt mir die erste Perücke auf und entscheidet sich dann doch für eine andere Variante. Als ich die Augen öffne, denke ich: „Unglaublich.“ Im Spiegel sehe ich eine fremde Waldfee.

Vom Reporter zur Schauspielerin – diese Bilder zeigen es

18:44 Uhr. Es hat keine halbe Stunde gedauert, um mich um Jahrzehnte altern zu lassen. Jetzt geht es zur Ankleide. Auf dem Weg nach oben begegnen wir Schauspielerin Lisa Berger, die selbst in kürzester Zeit ihr Kostüm wechselt. Sie grüßt höflich die Fee, die sie passiert und ist fast schon vorbei, als sie sich umdreht und sagt: „Unglaublich, das bist ja du.“ Für Smalltalk bleibt keine Zeit. Die Bühne erwartet sie als Königin des Zauberwaldes.

Ich spüre schon jetzt, wie es unter der Perücke warm wird. Wie müssen sich nur die Schauspieler im Scheinwerferlicht fühlen? In der Umkleide hält meine zweite Haut für die nächsten Stunden bereit. Christoph Winkler steht mir beim Anziehen zur Seite. Schnell schlüpfe ich in das Kleid – ein zauberhaftes Gewand mit goldenen Verzierungen. Die Weste bleibt locker über den Schultern hängen. Schauspieler in Ruhestand, Maria Schneider, meint: „Du bist meine Waldfee“.

Das Publikum applaudiert zum Abschlusslied auf der Bühne. Den Schauspielern bleibt eine kurze Pause zwischen dem Schlussapplaus und den ersten Takten der zweiten Aufführung. Hexe, Riese, Kobold und Co ziehen sich kurz zurück. Theaterleiter Tobias Fischer verteilt hinter den Kulissen Kartoffeln und Quark, erfrischende Getränke, Kaffee und motivierende Worte für die zweite Vorstellung an diesem warmen Tag.

Sebastian Hartmann tritt herbei, Jahrgang 1980 und stolzer Edelstatist. Seit dem ersten Theatersommer ist er ein fester Bestandteil des Ensembles. An diesem Abend verkörpert er den Herrn Nr. 5 und begleitet mich. „Es macht Spaß, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Wir sind wie eine große Familie hier“, sagt er und gibt mir einige Anweisungen. Sie lauten: immer an seiner Seite bleiben und den Blick auf die anderen richten.

Plötzlich erschallt um 20 Uhr die Stimme des Regisseurs: „Das ist unser Startzeichen“. Ich suche mir einen Platz, um niemandem im Weg zu stehen. Das Theater verwandelt sich in ein magisches Reich. Hexe, Riese und Kobold – Sarah Müller, Lukas Schmidt und Hanna Becker – ziehen erneut in ihre Kostüme und Perücken. Die Maskenbildner und Kostümschneider begeben sich in ihre Arbeitscontainer hinter der Bühne, während die Techniker und Requisiteure ihre Plätze einnehmen. Ein Blick auf das Handy verrät: Die Nationalmannschaft spielt gerade gegen Italien.

Ein langsamer, aber sicherer Auftritt

Zum Glück gibt es einen Fußball-Liveticker. Kurz nach dem Anpfiff um 21 Uhr heißt es: „Spieler, Szene 3.4 an die Bühne“. Das ist unser Einsatz. „Bist du nervös?“, fragen mich drei Mitwirkende. Andrea Meier spielt die Dame Nr. 1, Franziska Weber kurz D2 und Laura Fischer D3. Die Antwort muss warten, denn wir betreten die Bühne im Zauberwald. An einem Juwelier bewundern wir die funkelnden Schmuckstücke, kaufen bei einem Marktstand Orangen, Äpfel und Trauben, während die drei Märchenfiguren für Unterhaltung sorgen. Die Zuschauer erleben eine wahrhaft magische Szene.

Ich folge Sebastian Hartmann auf die Bühne, unterhalte mich mit den Zuschauern über das warme Wetter. „Immer schön spielen und das Publikum verzaubern“, flüstert mein Schauspielcoach während des Rundgangs. Zurück auf dem Boden angekommen, stiehlt die Hexe den Zauberstab und zaubert Nebelschwaden auf ihre Verfolger: Die bestohlenen Händler, die Stadtwache, der Dorfschmied, Jack und Bean rennen den Geistern nach und schlittern schließlich auf den herumliegenden Trauben aus.

Die Verfolgungsjagd wurde langsamer, was bedeutet, dass wir Statisten alles sehr vorsichtig machen müssen. Die Diebe entkommen jedoch und setzen den Zauberstab ein: Showdown, Applaus, Pause. Die Schauspieler suchen ruhige Ecken, während ich zurück in die Maske gehe.

Mein Ausflug auf die Theaterbühne neigt sich dem Ende zu. Das Kleid wandert in die Waschmaschine und ich beginne mit dem Abschminken. In weniger als fünf Minuten schaue ich wieder in mein gewohntes Spiegelbild. Während auf der Bühne bereits die Musik für den zweiten Teil ertönt, kann ich das Geschehen von hinten betrachten.

Ich setze mich zu den Wartenden auf die warmen Stufen des Waldes. Für die anderen ist der Abend auf der Bühne noch nicht vorbei. Kurz nach 23 Uhr erfahre ich, dass das Deutschland-Team ins Viertelfinale eingezogen ist. Währenddessen kämpfen auf der Bühne die Guten – Jack, Bean und Linda – gegen das Böse, in diesem Fall kurz Zwirbel genannt. Natürlich endet alles gut, schließlich ist es ein Märchen. Zum Abschluss erklingt das Ohrwurm-Finale. Alle singen den Zauberwald-Hit „Zauberhaft sein“ – und dieses Gefühl passt zu meinem ersten Bühnenerlebnis.

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Mit einem Portfolio, das mehr als zwei Jahrzehnte Berufserfahrung umfasst, ist der freie Redakteur und Journalist Konrad l. Schneider ein fester Bestandteil der deutschen Medienlandschaft.
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