Alan Yassin, ein 24-jähriger Syrer, erhielt kürzlich einen besorgniserregenden Brief von der Hansestadt Rostock. Der Brief bietet finanzielle Unterstützung für eine mögliche Rückkehr nach Syrien an, ein Angebot, das Yassin und viele andere in seiner Situation verunsichert. Yassin, der vor acht Monaten Vater wurde und in Rostock lebt, wo er geboren und aufgewachsen ist, äußert sich besorgt über die Vorstellung, in sein Herkunftsland zurückzukehren. „Ich dachte, ich bin am Arsch“, berichtet er über seine erste Reaktion auf das Ausreiseangebot, das im Rahmen eines Programms der Bundesregierung zur Organisierung der Ausreise für syrische Staatsangehörige versendet wurde.
Der Brief zielt nicht nur auf ausreisepflichtige Personen ab, sondern spricht auch syrische Staatsangehörige an, die über eine Blue Card verfügen oder nie ein Asylverfahren durchlaufen haben. Diese umfassende Ansprache wird von der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern kritisch betrachtet, da sie Ängste vor Abschiebungen weckt und die syrische Community stark verunsichert. Die Sicherheitslage in Syrien ist laut dem Auswärtigen Amt nach wie vor unbeständig, insbesondere im kurdisch geprägten Norden, wo weiter Luftschläge und Terroranschläge zu verzeichnen sind.
Die Realität in Syrien
Die infrastrukturelle Lage in Syrien ist katastrophal. Zerstörte Krankenhäuser und Schulen stellen im Land anhaltende Herausforderung dar. Laut dem Flüchtlingsrat ist nahezu 80 Prozent der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen, während der Mangel an Wohnraum sich ebenfalls dramatisch auswirkt. Diese Umstände führen dazu, dass viele Menschen, die in Deutschland sicher leben und arbeiten, keine Rückkehrabsicht haben und sich stattdessen in ihrem neuen Zuhause verwurzeln möchten.
Yassins Familie flüchtete vor vielen Jahren aus Syrien, nachdem sein Vater im Jahr 1996 nach Deutschland kam. Obwohl sich Yassin stark mit Deutschland identifiziert und baldmöglichst einen deutschen Pass beantragen möchte, um eine Abschiebung zu vermeiden, ist er sich der wachsenden Schwierigkeiten seiner Community bewusst. „Ich fühle mich grundsätzlich willkommen in Rostock,“ sagt Yassin, der dennoch auch Erfahrungen mit Rassismus gemacht hat.
Rückkehrhilfen und ihre Inanspruchnahme
Im Rahmen des Rückkehrhilfe-Programms der Bundesregierung, das auch von den Ländern unterstützt wird, haben bisher 133 Geflüchtete Rückkehrhilfen beantragt. Bis Mitte Februar 2025 sind bereits 40 dieser Personen freiwillig ausgereist. Das Programm bietet verschiedene finanzielle Anreize, wie Reisebeihilfen von 200 Euro pro Erwachsenem, sowie eine Starthilfe von bis zu 1.000 Euro, entweder für Einzelpersonen oder Familien. In einigen Fällen kann die Unterstützung bis zu 4.000 Euro pro Familie betragen.
Die Initiativen der Bundesländer wurden ebenfalls beobachtet, wobei im vergangenen Jahr in 85 Fällen Rückkehrhilfen in Anspruch genommen wurden. Im aktuellen Jahr sind bisher jedoch nur acht Fälle verzeichnet worden. Nach Angaben des Ausländerzentralregisters lebten zum Ende des letzten Jahres über 975.000 syrische Staatsangehörige in Deutschland; mehr als 10.000 davon waren ausreisepflichtig.
Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger hat Verständnis für die Kritik an dem Schreiben und den damit verbundenen Ängsten, die in der syrischen Community aufkommen. Sie erkennt die schwierige Situation der Betroffenen an und betont die Notwendigkeit, die Rückkehrrhetorik der Behörden zu überdenken, um den realen Bedingungen in Syrien Rechnung zu tragen.
In Anbetracht der bedrohlichen Lage und der emotionale Achterbahn, die Yassin und viele andere durchlaufen müssen, bleibt die Frage offen, wie die zuständigen Stellen künftig mit dem Thema Rückkehrhilfe und Abschiebungen umgehen werden. Remszeitung berichtet, dass diese Debatte für viele, die sich in Deutschland eine neue Existenz aufbauen möchten, eine tiefgreifende menschliche Dimension hat.