Eine ehemalige Soldatin hat in einem Gerichtverfahren sexuelle Belästigung innerhalb der Fallschirmjägertruppe angezeigt. Dieser Fall entblättert ein besonders brisantes Thema in der männerdominierten Bundeswehr, wo Diskriminierung und Belästigung nach wie vor bedeutende Herausforderungen darstellen. Die Fallschirmjäger in Zweibrücken reagierten zügig auf die Presseanfrage zu diesem Vorfall, was darauf hinweist, dass sie die Angelegenheit ernst nehmen. Innerhalb von drei Stunden nach der Anfrage wurde eine E-Mail vom Informationsfeldwebel verschickt, und der Regimentskommandeur Oliver Henkel leitete den Dialog zwei Stunden später ein, als er für ein persönliches Gespräch in der Kaserne zur Verfügung stand.

Henkel präsentierte während des Gesprächs zahlreiche Unterlagen und zeigte Engagement, um die Vorfälle nachvollziehen und detailliert aufklären zu können. Die Fallschirmjäger betonen nachdrücklich, dass sie sexuelle Belästigung nicht tolerieren und solche Anschuldigungen mit der notwendigen Ernsthaftigkeit behandeln. Dieser Vorfall ist Teil einer größeren Diskussion über den Umgang mit Diskriminierung in der Bundeswehr, insbesondere in Bezug auf Frauen und Menschen mit Behinderungen.

Diskriminierung in der Bundeswehr

Laut einer internen Studie, die dem SWR vorliegt, sind Frauen und Menschen mit Behinderung in der Bundeswehr einem erhöhten Diskriminierungsrisiko ausgesetzt. Die Studie zeigt geschlechterspezifische Vorurteile und wurde 2019 durchgeführt. 21,1% der befragten Frauen berichteten von Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts, was im Vergleich zu 7,3% im bundesweiten Arbeitskontext signifikant höher ist. Ebenso gaben 24% der Beschäftigten mit Behinderung an, Diskriminierung erfahren zu haben, mehr als doppelt so oft wie im allgemeinen Arbeitsumfeld.

Das Verteidigungsministerium versucht, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, betont Vielfalt und Gleichstellung. Oberst Hans Martin Gieseler erklärte, dass es in der Bundeswehr weniger Diskriminierung geben würde als in der Gesellschaft. Dennoch bleibt die Realität differenziert und zeigt, dass es deutlichen Handlungsbedarf gibt, insbesondere wenn es um psychosoziale Faktoren geht. Über die Herausforderungen und die damit verbundenen Erfahrungen in der Bundeswehr wollen 83% der bisexuellen Bundeswehrangehörigen nicht offen sprechen.

Aufruf zur Transparenz

Die Wehrbeauftragte Eva Högl hat wiederholt die bislang ausgebliebene Veröffentlichung von Studien zur Diskriminierung in der Bundeswehr kritisiert. Obwohl 2022 eine Broschüre mit ausgewählten Ergebnissen veröffentlicht wurde, forderte Högl die vollständige Offenlegung der Studienergebnisse. Menschen aus diversen Hintergründen erfahren in den Streitkräften nachweislich sexuelle Belästigung und diskriminierende Übergriffe, was auf eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit hinweist.

Die Bundeswehr steht vor der Herausforderung, die eigene Struktur und Kultur zu überdenken, um zukünftig ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das für alle Angehörigen sicher ist. Der Fall der ehemaligen Soldatin und die darauf folgende Reaktion der Fallschirmjäger in Zweibrücken könnten als Wendepunkt gelten, wenn die Bundeswehr aus diesen Erfahrungen lernt und konkrete Maßnahmen ergreift.

Für weitere Informationen über die Initiativen zur Verbesserung der Situation von Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr kann die Seite des Bundesministeriums der Verteidigung besucht werden: Niemand ist allein.

Mehr zu den Herausforderungen und aktuellen Entwicklungen zur Diskriminierung in der Bundeswehr können Sie auch bei Tagesschau nachlesen.

Details zu den Vorfällen bei den Fallschirmjägern in Zweibrücken sind in einem Bericht der Rheinpfalz zu finden.