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Als der Krieg begann: Einblicke in Dresdner Wirtshaus-Stimmungen 1914

Am 28. Juli 1914 versammelten sich patriotisch gestimmte Freunde im Café „Zum Alberttheater“ in Dresden, wo die aufgeheizte Stimmung angesichts des österreichischen Ultimatums an Serbien und der drohenden Kriegsgefahr ein Zeichen für den bevorstehenden Ersten Weltkrieg setzte.

Die Ereignisse rund um den 28. Juli 1914 sind nicht nur ein markanter Punkt in der europäischen Geschichte, sondern spiegeln auch die Spaltung der Gesellschaft wider, die sich mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs anbahnte. In der Stadt Dresden fanden sich viele Menschen im Café „Zum Alberttheater“ in der Alaunstraße ein, wo eine Mischung aus Patriotismus und Skepsis deutlich wurde.

Patrioten und Skeptiker im Café

An diesem historischen Abend blockierte Menzel einen Tisch im Familiencafé, um Freunde zu empfangen. Das Ultimatum der österreichischen Monarchie an Serbien aufgrund des Mordes am Kronprinzenpaar sorgte für eine explosive Stimmung. Im Restaurant feierten viele Gäste, sangen die Kaiserhymne und prosteten auf den Kaiser, während andere, wie Walter und Emil, sich von der allgemeinen Euphorie distanzierten. „So erhitzt, wie ihr ausseht, braucht ihr dringend eine innere Abkühlung“, freute sich Menzel, als er Bier holte.

Geteilte Meinungen über den Krieg

Die patriotische Begeisterung war vorherrschend, betonte durch laute Beifallsbekundungen und Lieder. Ein selbsternannter Redner lobte den Druck auf Serbien, während Franz und Berthold eifrig applaudierten. Doch die Stimmung war nicht bei allen gleich. Emil, der in einem anderen politischen Milieu aufgewachsen war, erzählte von einer SPD-Versammlung am Vortag, die sich gegen das Ultimatum und für einen internationalen Sozialistenkongress zur Verhinderung eines Krieges aussprach.

Ein gespaltenes Gesellschaftsbild

Diese Gegenüberstellung der begeisterten Patriotennatur im Café mit der ruhigeren, nachdenklicheren Haltung von Teilen der Arbeiterklasse zeigt, wie sehr die Gesellschaft polarisiert war. Ein Vertreter aus der Politikwissenschaft könnte anmerken, dass diese unterschiedlichen Reaktionen auf einen gesellschaftlichen Konflikt hindeuteten, der bereits vor Kriegsausbruch in den Köpfen und Herzen der Menschen existierte.

Öffentliche Proteste gegen den Krieg

Die Diskrepanz wurde deutlich, als die Kunden im „Zum Alberttheater“ sich abwechselnd übertrumpften mit patriotischen Beifallsrufen und lauten Anfeindungen gegen Andersdenkende. Dies führte zu einer angespannten Atmosphäre, in der der Wirt erinnerte, dass in seinem Haus jeder eine eigene Meinung haben dürfe. Der Historiker in uns würde sagen, dass solche Momente oft die Vorboten einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Transformation sind.

Die Vorzeichen der Zeit

Die gesellschaftliche Spaltung stellte die Bürger vor eine Wahl: Entweder mit dem Strom schwimmen und sich am Krieg feiern oder das Schweigen derjenigen ertragen, die die Konsequenzen und das Leid, welches ein Krieg mit sich bringt, fürchteten. „Man verspottete die sogenannten patriotischen Bengelchen“, ließen die Kritiker verlauten, und es wurde deutlich, dass inmitten von Bier und Gesang auch Lügen und Verwirrung über die wahren Absichten der politischen Eliten kursierten.

Als die Gläser zum letzten Mal erhoben wurden, erlebte Dresden einen Weg, der in die Ungewissheit führen sollte. Die Bürger waren aufgefordert, zu entscheiden, ob sie die Welle der Begeisterung mittragen oder sich dem aufkommenden Unheil entgegenstellen möchten. Die Frage, wie oft der Krieg die Menschheit mit seinen Tragödien herausfordert, bleibt bis heute relevant.

Lebt in Mühlheim und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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