Im Stadtteil Atzel in Landstuhl soll ein neuer Supermarkt entstehen. Seit zehn Jahren haben die 3.150 Einwohner keinen regulären Lebensmittelladen mehr, nachdem der Wasgau-Markt in der Breslauer Straße im Mai 2015 wegen zu niedriger Umsätze geschlossen wurde. Verschiedene Versuche, einen Ersatz zu finden, waren bislang gescheitert. Stadtbürgermeister Mattia De Fazio hat nun die Initiative zur Ansiedlung von Tante Enso ins Leben gerufen, um den Wunsch nach einer neuen Einkaufsmöglichkeit zu erfüllen.

Tante Enso vereint das Konzept eines traditionellen Tante-Emma-Ladens mit dem Service eines Online-Supermarkts, der rund um die Uhr geöffnet ist. Dies ist besonders relevant in ländlichen Regionen, wo große Supermarktketten oft nicht rentabel sind. Der neue Markt wird in den Räumen des ehemaligen Wasgau-Markts untergebracht und hat eine Verkaufsfläche von 250 Quadratmetern. Dort werden rund 3.500 Artikel, darunter frische Waren, angeboten.

Genossenschaftsmodell und Bürgerbeteiligung

Für die Eröffnung von Tante Enso ist eine breite Bürgerbeteiligung erforderlich. 600 der 3.150 Einwohner müssen Anteile im Wert von 100 Euro erwerben. Diese Anteile sind künd- und vererbbar und bieten den Käufern Vorteil durch Gutschriften und Einkaufsguthaben. Sollte das Projekt nicht zustande kommen, erfolgt eine Rückerstattung der 100 Euro. Laut MDR funktioniert das Tante-Enso-Modell nach einem Genossenschaftsprinzip, das sicherstellt, dass die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt werden.

Die Stadt hat alle Bürger angeschrieben und sogar ein Video produziert, um das Projekt zu bewerben. Bisher gibt es reges Interesse, auch aus den Nachbargemeinden. Eine Bürgerversammlung ist für den 18. Februar um 19 Uhr in der Pauluskirche Landstuhl-Atzel geplant. Dort haben die Bürger die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich über das Vorhaben zu informieren.

Herausforderungen in ländlichen Regionen

Die Situation in Atzel spiegelt ein weit verbreitetes Problem in ländlichen Regionen wider. So berichtet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dass viele ländliche Gebiete unter einem Rückzug von Einrichtungen für Güter und Dienstleistungen leiden. Insbesondere kleine Läden mit Verkaufsflächen unter 400 m² verlieren an Bedeutung, während große Supermärkte oft nur an verkehrsgünstigen Lagen profitabel sind. Dies führt dazu, dass zwei Drittel der Bewohner ländlicher Räume mehr als 1.000 Meter vom nächsten Lebensmittelgeschäft entfernt wohnen.

Für Bevölkerungsgruppen, die nicht selbstständig mobil sind, wie ältere Menschen oder Familien mit kleinen Kindern, stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Die Initiative Tante Enso könnte hier einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Nahversorgung leisten und sicherstellen, dass die Grundversorgung in Atzel gewährleistet bleibt. Abhängig von der Baugenehmigung könnte die Eröffnung des Marktes bereits bis zum Spätsommer erfolgen. Der Erfolg des Projekts wird jedoch stark von der Beteiligung der Bürger abhängen, die in den kommenden vier Wochen die erforderlichen Anteile erwerben müssen.