In den kommenden zwei Jahrzehnten plant Deutschland, die installierte Leistung der Windenergieanlagen in der Nord- und Ostsee auf mindestens 70 Gigawatt zu vervielfachen. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung ist die neue Messkampagne, die das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) gestartet hat. Die Kampagne zielt darauf ab, die Wind- und Meeresbedingungen rund 280 Kilometer vor der deutschen Nordseeküste zu erfassen, um zukünftige Standorte für Windparks besser bewerten zu können. Diese Daten sind besonders wichtig, da Windparks bis zu 350 Kilometer von der Küste errichtet werden müssen, um die Ziele des Windenergie-auf-See-Gesetzes zu erreichen.

Die Messkampagne mit dem Namen „Meteorologische und Ozeanographische Referenzmessungen“ ist auf mindestens drei Jahre angelegt und hat pragmatische Ansätze zur Datensammlung. Das Unternehmen Fugro Norway hat bereits im Dezember 2024 begonnen, in einer wenig erforschten Region der Nordsee Wind- und Meeresdaten zu sammeln. Hierzu wurden zwei Messbojen installiert, die Windgeschwindigkeiten aus bis zu 250 Metern Höhe mit Laserstrahlen messen, und zwei Messsysteme wurden am Meeresboden verankert. Diese Geräte erfassen ozeanographische Daten wie Seegang, Meeresströmung, Temperatur, Salzgehalt, Druck und Sauerstoffgehalt.

Forschung und Innovation

Diese Messkampagne ist nicht die einzige derartige Initiative. Im Offshore-Windpark Amrumbank West nahe Helgoland läuft seit April 2023 eine großangelegte Messkampagne zur Untersuchung der Effekte von Windparks. Diese Initiative zielt darauf ab, die Windgeschwindigkeiten innerhalb der Windparks und die nachfolgenden Strömungsfelder im Windschatten der Turbinen zu analysieren. Mithilfe der Scanning-Lidar-Technologie werden die Daten erfasst, und das Projekt C²-Wakes nutzt die Ergebnisse des vorhergehenden Projekts X-Wakes zur Untersuchung der Interaktion dieser Nachlaufeffekte, die bedeutenden Einfluss auf das Windparkdesign haben können.

Für die Kampagne werden Kooperationen mit der Universität Oldenburg und dem Helmholtz-Zentrum Hereon gepflegt, mit dem Ziel, bis 2026 wissenschaftliche Publikationen zu veröffentlichen und Handlungsempfehlungen sowie Software-Tools bereitzustellen. Solche Forschungen sind unabdingbar für die effiziente Nutzung der Windkraftressourcen und die Umsetzung der Ausbauziele.

Ausbau der Offshore-Windenergie

Die Maßnahmen zur Windenergieausweitung sind Teil eines umfassenden Plans, der durch den vierten Flächenentwicklungsplan des BSH unterstützt wird. Das Ziel ist ein Ausbau auf 40 Gigawatt bis 2034, was einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leisten soll. Helge Heegewaldt, Präsident des BSH, betont die Wichtigkeit strategischer Umweltprüfungen und Minderungsmaßnahmen zum Schutz der Meeresnatur während des Bauens und Betriebs von Offshore-Windparks.

Der Flächenentwicklungsplan umfasst Netzanschlüsse und Trassen mit einer Gesamtlänge von etwa 2.221 Kilometern in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ). Zudem wurden zusätzliche Flächen mit erheblichem Ausbaupotential identifiziert, die ab 2034 erschlossen werden könnten. Die laufenden Abstimmungsprozesse mit benachbarten Ländern wie Dänemark und den Niederlanden sind ein weiterer Schritt zur Förderung einer nachhaltigen Offshore-Windnutzung.

Insgesamt waren Ende 2024 in Deutschland 1.639 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 9,2 Gigawatt in Betrieb. Im Jahr 2023 erzeugte die Offshore-Windenergie 25,7 Terawattstunden Strom, was im Vergleich zu 23,5 Terawattstunden im Jahr zuvor einen signifikanten Anstieg darstellt. Trotz der wachsenden Kapazitäten bleibt die Stromausbeute variabel, was auf die schwankenden Windstärken zurückzuführen ist.