Die Erforschung antiker Münzen nimmt eine zentrale Rolle in der Geschichtswissenschaft ein, da sie bedeutende Bildträger sind und tiefe Einblicke in historische Kontexte bieten. Münzen wurden von Autoritäten als offizielle Zahlungsmittel hergestellt, wodurch sie nicht nur wirtschaftliche, sondern auch kulturelle und politische Dimensionen reflektieren. Angesichts der Komplexität dieser Artefakte wird die Bildanalyse und die Erfassung kontextueller Informationen zunehmend wichtiger für die Untersuchung von Münzen.
Ein neuer Anklickpunkt in dieser Forschung ist das im Januar 2025 gestartete Projekt „IMAGINES NVMMORVM: Thesaurus Iconographicus Nummorum Graecorum Online“. Dieses akademische Vorhaben zielt darauf ab, antike Münzen für bildwissenschaftliche und kulturhistorische Fragestellungen zu erschließen. Die Projektleitung liegt in den Händen von Prof. Dr. Annette Haug, Dr. Ulrike Peter und Prof. Dr. Bernhard Weisser. Die Initiative wird durch eine Kooperation zwischen mehreren Institutionen unterstützt, darunter die BBAW, das Münzkabinett Berlin, die Universität Kiel, das Deutsche Archäologische Institut sowie das Big Data Lab der Goethe-Universität Frankfurt und das Centre for the Study of Ancient Documents der University of Oxford.
Katalogisierung und Digitalisierung
Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts ist die Online-Veröffentlichung der Sammlung griechischer Münzen des Berliner Münzkabinetts. Diese Sammlung umfasst über 100.000 Münzen und erstreckt sich zeitlich vom 7. Jh. v. Chr. bis ins 3. Jh. n. Chr. Zudem zeigt sie eine geografische Breite von Gibraltar bis Baktrien und reicht von den Skythen bis zu bedeutenden Handelszentren in Alexandria. Die digitale Veröffentlichung erfolgt mit persistenten Identifikatoren sowie hochauflösenden Bildern, was die Zugänglichkeit und die Forschung erheblich verbessert.
Ein weiteres Ziel des Projekts ist die Etablierung einer numismatischen Bilddatenbank, die unter dem Namen „Thesaurus Iconographicus Nummorum Graecorum – ThING“ bekannt ist. Hierbei kommen bildbezogene Normdaten zur Anwendung, um die griechische Münzikonographie besser zu erschließen. Um die Vielzahl an online erfassten Münzen einheitlich zu analysieren, wird auch Künstliche Intelligenz verwendet. Dies soll eine zeitgemäße Kontextualisierung der Objekte im Forschungsdiskurs ermöglichen.
Ein langer Weg in der Numismatik
Die antike Münzforschung hat eine lange Tradition, die bis in die 1950er Jahre zurückreicht. 1959 wurde Konrad Kraft berufen, der die Antiken Numismatik an der Goethe-Universität etablierte. Projekte wie das Langzeitvorhaben „Fundmünzen der römischen Zeit in Deutschland“ erlangten internationale Beachtung. Im Jahr 2010 wurde die Lichtenberg-Nachwuchsprofessur für Fleur Kemmers eingerichtet und 2016 verstärkt, was der einzige dauerhaften Professur für Antike Numismatik in Deutschland einen weiteren Schub verlieh. Das digitale Münzkabinett der Goethe-Universität bietet eine breite Palette an Sammlungen, die online verfügbar sind und auch die bedeutenden Bestände antiker Münzen umfassen.
Zusätzlich zu den Münzsammlungen verfügt die Universität über eine umfangreiche Fotodatenbank mit circa 400.000 Bildern von antiken Münzen, geordnet nach verschiedenen Kategorien, darunter griechische, römische und byzantinische Münzen. Diese Bestände sind für die Forschung von großem Wert und ergänzen die Informationen über die materielle Kultur der Antike, die aus den Quellen wie Münzen, Keramiken und antiken Texten gewonnen werden.
Insgesamt setzt das Projekt „IMAGINES NVMMORVM“ neue Maßstäbe in der antiken Numismatik und bietet einen innovativen Ansatz zur Erschließung und Kontextualisierung von Münzen für zukünftige Generationen von Forschern.
Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten der Universität Kiel und der Goethe-Universität Frankfurt.