Im Rhein-Erft-Kreis haben die Behörden Maßnahmen gegen zwei Polizeibeamte aus Bergheim ergriffen, die unter dem Verdacht stehen, einen 40-jährigen Mann vor einem Mehrfamilienhaus zusammengeschlagen zu haben. Der Vorfall ereignete sich am 23. Dezember 2024, kurz vor Heiligabend, als Anwohner wegen eines Streits zwischen dem Mann und seiner Lebensgefährtin die Polizei riefen. Bei dem betroffenen Mann handelt es sich um Marcel Vogler, der nach eigenen Angaben stark betrunken war und einen Alkoholgehalt von etwa zwei Promille hatte. Er stand vor dem Wohnpark Zieverich an der Otto-Hahn-Straße, als die Polizeibeamten eintrafen.
Die Polizei hat die beiden Beamten vorübergehend vom Dienst freigestellt und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Bereits nach dem Vorfall meldete sich einer der Beamten krank, während der andere im Einsatz war. Unklar bleibt, ob sie während des Vorfalls ihre Bodycams aktiviert hatten. Videoaufnahmen, die von einem Balkon aus gemacht wurden, zeigen eine gewaltsame Auseinandersetzung, in der ein 27-jähriger Polizist Vogler mit einem Schlagstock angreift und ihn tritt, während ein weiterer Beamter ihn mit Pfefferspray attackiert. Zeugen berichten, dass der Mann keine Gefahr darstellte und nicht aggressiv aufgetreten sei.
Ermittlungen und Vorwürfe
Das Kölner Polizeipräsidium hat die Ermittlungen übernommen, da beide Beamte nun wegen Körperverletzung im Amt zur Verantwortung gezogen werden könnten. Die Kölner Staatsanwaltschaft äußerte, dass die Angriffe auf Vogler als Reaktion auf dessen vermeintlichen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erfolgt sein sollen, was allerdings von mehreren Zeugen bestritten wird. Der Vorfall hat hohe Wellen geschlagen, da das benötigte Video öffentlich wurde und in sozialen Netzwerken verbreitet wurde.
Nach den ersten Befragungen ist klar, dass auch andere Umstände zu den Vorfällen führten. Die Anzahl der Polizeieinsätze im Rhein-Erft-Kreis liegt in den letzten Jahren konstant bei etwa 113.000 pro Jahr, während Disziplinarverfahren wegen Körperverletzung in dieser Zeit nur sporadisch zur Durchführung kamen. So gab es im Jahr 2022 vier Verfahren, von denen drei eingestellt wurden. Im Jahr 2023 waren es erneut vier Verfahren, von denen eines noch nicht abgeschlossen ist.
Kontext und wissenschaftliche Erkenntnisse
Die Vorfälle in Bergheim werfen auch ein Licht auf die gegenwärtige Diskussion über übermäßige Polizeigewalt in Deutschland. Eine Studie des Forschungsprojekts „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamt*innen“ zeigt, dass übermäßige Gewaltanwendungen nur selten ausreichend aufgearbeitet werden. Im Rahmen dieser Untersuchung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde, wurden mehr als 3.300 Personen befragt und über 60 qualitative Interviews mit Polizeibeamten, Juristen und Opfern durchgeführt. Die Ergebnisse werden in dem Buch „Gewalt im Amt. Übermäßige polizeiliche Gewaltanwendung und ihre Aufarbeitung“ vorgestellt, dessen Veröffentlichung am 17. Mai 2023 stattgefunden hat.
Eine zentrale Erkenntnis dieser Forschung ist, dass die allermeisten Strafverfahren gegen Polizeibeamte wegen Verdachts auf rechtswidrige Gewalt eingestellt werden und nur in sehr wenigen Fällen zu einer Anklage führen. Diese Problematik könnte auch der Grund sein, warum die Polizei im Rhein-Erft-Kreis sich derzeit nicht detailliert zu den Vorfällen äußern möchte. Die Thematik bekommt durch den aktuellen Fall erneut erhöhte Aufmerksamkeit.
Diese Ereignisse in Bergheim stehen somit in einem größeren Kontext, in dem Fragen nach der Verantwortung von Polizisten sowie der Aufarbeitung von Gewaltanwendungen im Amt immer wieder neu gestellt werden müssen.