In Brandenburg stehen zahlreiche Ermittlungsverfahren aufgrund eines akuten Mangels an Richtern und Staatsanwälten auf der Kippe. Ein zentraler Aspekt ist, dass im Jahr 2024 mehr Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen wurden als in den Vorjahren. Laut rbb24 handelt es sich um insgesamt sechs Entlassungen, was vier mehr ist als im Jahr 2023. Seit 2019 sind es bereits 17 mutmaßliche Täter, die ohne Urteil auf freien Fuß gesetzt wurden. Dies verdeutlicht die ernsthafte Problematik der langen Verfahrensdauern.
Die Schwierigkeiten in der Justiz sind auf eine erhöhte Zahl an offenen Verfahren und einen gravierenden Personalmangel zurückzuführen. Der Deutsche Richterbund berichtete, dass bundesweit rund 1.500 Richter und Staatsanwälte fehlen, wobei in Deutschland die Zahl der offenen Verfahren seit Mitte 2021 um 28 Prozent auf fast 850.000 gestiegen ist. In Brandenburg sind es vor allem die personellen Engpässe in den Staatsanwaltschaften und Gerichten, die dazu führen, dass Verfahren nicht rechtzeitig bearbeitet werden können.
U-Haft und Verfahrensdauern
Bei den im Jahr 2024 entlassenen Personen gab es gravierende Vorwürfe, wie illegalen Drogenhandel sowie Totschlag und Raub. Besonders auffällig ist, dass zwei der Beschuldigten etwa neun Monate in Untersuchungshaft saßen, bevor sie auf freien Fuß gesetzt wurden. Die gesetzliche Grundlage sieht vor, dass Untersuchungshaft nur unter bestimmten Bedingungen länger als sechs Monate angeordnet werden darf. In Brandenburg erforderte dies dringende Maßnahmen zur Reduzierung der Verfahrensdauern.
Der Mangel an juristischen Fachkräften besteht nicht nur in Brandenburg. Deutschlandfunk hebt hervor, dass das Problem auch in anderen Bundesländern sichtbar ist. Im Koalitionsvertrag von 2017 wurde ein „Pakt für den Rechtsstaat“ festgelegt, um die Schaffung von 2.000 neuen Richter- und Staatsanwaltsstellen zu unterstützen. Dennoch gestaltet sich die Suche nach qualifiziertem Nachwuchs als äußerst schwierig.
Die Attraktivität des Justizberufs
Die Situation wird durch eine ungleiche Altersverteilung unter Richtern besonders in den ostdeutschen Bundesländern verschärft. Der Deutsche Richterbund warnt, dass bis 2030 etwa 41 Prozent der Richter und Staatsanwälte in Ruhestand gehen werden. Während Brandenburg in den letzten zwei Jahren 133 neue Stellen geschaffen hat, sinkt die Prädikatsexamensquote bei Neueinstellungen auf etwa 26 Prozent.
Die Jugend zeigt dennoch Interesse an einer Karriere in der Justiz. Tabea Roßmann, eine angehende Juristin, hat durch das Projekt „Justizassistenz“, initiiert vom niedersächsischen Justizministerium, praktische Erfahrungen gesammelt und möchte Richterin werden. Solche Initiativen sind notwendig, um für zukünftige Generationen das Justizsystem attraktiv zu machen, vor allem in Städten mit hohen Lebenshaltungskosten, die es schwierig machen, qualifizierte Mitarbeiter zu halten.
In Anbetracht dieser Herausforderungen muss die Justiz umdenken, um konkurrenzfähig zu bleiben und den Personalbedarf zu decken. Digitalisierung, bessere Besoldung und die Anpassung der Anforderungen für den Eintritt in den Richterdienst könnten entscheidende Maßnahmen sein, um der anhaltenden Krise entgegenzuwirken und die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu sichern.