Die faszinierenden Narwale (Monodon monoceros), häufig als „Einhörner der Meere“ bezeichnet, haben bis zu drei Meter lange, gedrehte Stoßzähne, die im Mittelalter als magische Hörner verkauft wurden. Diese einzigartigen Tiere leben in den kalten Gewässern der hohen Arktis, nördlich des Polarkreises, und haben sich dank ihrer Fähigkeiten an ihre raue Umgebung angepasst. Ein US-amerikanisch-kanadisches Forschungsteam, das in Zusammenarbeit mit Inuit-Gemeinden in Nunavut arbeitet, konnte bemerkenswerte Verhaltensweisen dieser Meeressäuger dokumentieren. In freier Wildbahn beobachten die Forscher, wie Narwale ihre Stoßzähne auf verschiedene Weise nutzen: zum Jagen, Verfolgen und Schlagen von Fischen. Zudem zeigen die Tiere Geschicklichkeit und Präzision, was ihre Jagdfähigkeiten betrifft.

Besonders interessant ist, dass Narwale manchmal mit ihren Beutetieren spielen, was auf eine komplexe soziale Interaktion hindeutet. Aktuelle Studien, darunter eine aus dem Jahr 2020, haben gezeigt, dass das Verhalten der Männchen während der Fortpflanzungszeit auch ritualisierte Elemente umfasst: Sie heben ihre Stoßzähne senkrecht aus dem Wasser und kreuzen sie, um Dominanz zu signalisieren und Weibchen zu beeindrucken. Trotz dieser Beobachtungen bleibt die genaue Funktion der Stoßzähne noch unklar, was weiteren Forschungsbedarf signalisiert.

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Bedrohungen durch den Klimawandel

In den letzten Jahrzehnten stehen die Narwale in der Arktis zunehmend unter Druck. Der Klimawandel und die damit einhergehende Quecksilberbelastung stellen die größten Bedrohungen für diese Raubtiere dar. Eine Untersuchung offenbart, dass die Stoßzähne der Narwale wertvolle Informationen über vergangene Umweltbedingungen liefern. Die Wachstumsschichten der Stoßzähne dokumentieren jährlich die Veränderungen der Quecksilberbelastung seit den 1960er Jahren. Dabei zeigte sich, dass Narwale in den 1990er Jahren noch niedrige Werte aufwiesen, die mit ihrer Ernährung verbunden waren.

Vor 1990 ernährten sich die Narwale fast ausschließlich von Meeresbewohnern, die an Meereis gebunden sind. Jedoch ging die Eisbedeckung nach 1990 zurück, was einen Wechsel in der Nahrungsaufnahme zu Fischen des offenen Ozeans zur Folge hatte. Interessanterweise stieg der Quecksilbergehalt in den Narwale-Stoßzähnen deutlich an, ohne dass sich die Ernährung veränderte. Dies wird auf die steigende Belastung durch Umweltverschmutzung zurückgeführt, insbesondere auf die Emissionen aus der fossilen Brennstoffverbrennung in Südostasien.

Die Rolle der Stoßzähne in der Forschung

Die physiologischen Eigenschaften der Narwale tragen dazu bei, dass sie Umweltschadstoffe nur schwer ausscheiden können, was ihre Vulnerabilität gegenüber schädlichen Substanzen erhöht. Diese Erkenntnisse werden durch weitere geplante Analysen von Stoßzähnen aus Museen weltweit ergänzt. Forscher wie Jean-Pierre Desforges von der McGill University betonen die Notwendigkeit, die kognitiven Funktionen, das Verhalten und die Fortpflanzungsfähigkeit der Narwale im Hinblick auf die ansteigende Quecksilberbelastung weiter zu beobachten und zu analysieren.

Insgesamt zeigt sich, dass Narwale nicht nur faszinierende Geschöpfe sind, sondern auch wichtige Indikatoren für die Veränderungen im marinen Ökosystem der Arktis. Der Klimawandel hat bereits vorliegende Herausforderungen verschärft und beeinflusst die gesamte arktische Nahrungskette, die durch das Rückgang des Meereises stark betroffen ist. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um das Sozial- und Fortpflanzungsverhalten der Narwale zu verstehen und herauszufinden, wie diese majestätischen Tiere sich an die veränderten Lebensbedingungen anpassen.

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