Paderborn

Die Schatten der Vergangenheit: Die umstrittene Legende Leni Riefenstahl

Die Dokumentation "Riefenstahl" von Andres Veiel, die beim Filmfestival in Venedig Premiere feierte, beleuchtet die manipulierte Selbstinszenierung der umstrittenen Filmemacherin Leni Riefenstahl und zeigt, wie sie trotz ihrer faschistischen Vergangenheit weiterhin die Rolle einer unpolitischen Künstlerin propagierte.

Venedig (dpa) – Im Rahmen des renommierten Filmfestivals in Venedig wurde eine aufwühlende Dokumentation über die umstrittene Filmemacherin Leni Riefenstahl uraufgeführt. Die Doku mit dem Titel «Riefenstahl» von Andres Veiel beleuchtet das komplexe und oft widersprüchliche Verhältnis Riefenstahl zum nationalsozialistischen Regime. Eine bemerkenswerte Videoaufnahme aus dem Jahr 1993 zeigt Riefenstahl, die stolz Details zu ihren Arbeiten aus der NS-Zeit kommentiert und dabei im Takt der marschierenden Musik wippt. Solche Szenen werfen einen schockierenden Lichtstrahl auf eine Frau, die oft als unpolitisch dargestellt wurde.

Die Dokumentation nutzt den Nachlass von Riefenstahl, um die verborgenen Facetten ihrer Persönlichkeit und ihrer politischen Ambitionen zu ergründen. Regisseur Veiel und Produzentin Sandra Maischberger hatten als erste Zugang zu diesen Materialien, die ein anderes Bild zeichnen als die gängige Wahrnehmung. Riefenstahl, die für Adolf Hitler bedeutende Filme wie «Triumph des Willens» und «Olympia» drehte, war eine große Manipulatorin, wie Maischberger betont. Der Film entfaltet ein unheimliches Bild der Künstlerin, dessen Ziel es schien, ihre eigene Geschichte zu inszenieren und die Wahrnehmung ihrer Person zu kontrollieren.

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Einblicke in die Vergangenheit

Die Dokumentation enthüllt durch verschiedene Quellen, dass Riefenstahl sehr wohl eine politische Agenda hatte und sich als überzeugte Nationalsozialistin verstand. Der Regisseur erinnert sich an einen wesentlichen Hinweis, den sie in einem Interview mit dem «Daily Express» gefunden haben. In diesem Interview von 1934 räumt sie ein, das Buch Hitlers, «Mein Kampf», gelesen und sich anschließend dem Nationalsozialismus verschrieben zu haben. Dieser Befund, der nicht im Nachlass zu finden war, könnte ihren Anspruch einer Unpolitischen stark in Frage stellen und ihre sorgfältig konstruierte Legende zerschlagen. In der Doku werden zahlreiche Dokumente, Bilder und Audiomitschnitte präsentiert, die Riefenstahls geheime Agenda unterstützen.

Auch persönliche Aspekte ihres Lebens kommen zur Sprache. Die Dokumentation beleuchtet ihre schwierige Beziehung zu ihrem Vater und ihre Verbindung zu Horst Kettner, der 40 Jahre jünger war. Außerdem beschreibt Riefenstahl, wie Joseph Goebbels um sie warb, offensichtlich mit intensivem, fast gewaltsamem Interesse. Diese Facetten ihrer Biografie zeigen, dass hinter der professionellen Fassade vielschichtige und oft düstere Geschichten verborgen liegen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg vermied es Riefenstahl, sich kritisch mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Eine ihrer Äußerungen über «Triumph des Willens» verdeutlicht das: Sie schilderte den Film als Fokus auf Frieden und Arbeit, völlig ohne Bezug auf Antisemitismus oder andere politische Motive. Historische Fakten widerlegen jedoch diese Darstellungen. Maischberger, die Riefenstahl zu ihrem 100. Geburtstag interviewte, kam zu dem Schluss, dass Riefenstahl in Wirklichkeit eine «durch und durch überzeugte Faschistin» war. Diese Einschätzung wirft ein neues Licht auf ihr Erbe.

Die Premiere von «Riefenstahl» in Venedig hat bereits Wellen geschlagen, und der Film wird am 31. Oktober 2023 in die deutschen Kinos kommen. Die Berichterstattung über Riefenstahl und ihre Rolle im Nationalsozialismus bleibt ein kritisches Thema, und diese Doku trägt dazu bei, ein komplexeres Bild der Künstlerin zu zeichnen, das über die populäre Wahrnehmung hinausgeht.

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